05.12.2017

Grundlegende Sicherheitsanforderungen nach Anhang I der Druckgeräterichtlinie

Im Anhang I zur Druckgeräterichtlinie werden die „Grundlegenden Sicherheitsanforderungen” definiert. Die Anforderungen im Anhang I sind für die in Artikel 3 Abs. 1 und 2 genannten Druckgeräte und Baugruppen bindend. Sie gelten somit auch für Baugruppen, wenn von ihnen eine entsprechende Gefahr ausgeht. Die wesentlichen Sicherheitsanforderungen sind so zu interpretieren und anzuwenden, dass dem Stand der Technik und der Praxis zum Zeitpunkt der Konzeption und der Fertigung sowie den technischen und wirtschaftlichen Erwägungen Rechnung getragen wird, die mit einem hohen Maß an Schutz von Gesundheit und Sicherheit zu vereinbaren sind.

Druckgerät

Druckgeräte sind so auszulegen, herzustellen, zu überprüfen und ggf. auszurüsten und zu installieren, dass ihre Sicherheit gewährleistet ist, wenn sie im Einklang mit der Betriebsanleitung des Herstellers oder unter nach vernünftigem Ermessen vorhersehbaren Bedingungen in Betrieb genommen werden. Der Hersteller ist verpflichtet, eine Analyse der Gefahren und Risiken vorzunehmen, um die mit seinem Gerät verbundenen druckbedingten Gefahren und Risiken zu ermitteln. Er muss das Gerät dann unter Berücksichtigung seiner Analyse auslegen und bauen. Bei der Wahl der angemessensten Lösungen hat der Hersteller folgende Grundsätze in der angegebenen Reihenfolge zu beachten:

  1. Abwendung oder Verminderung der Gefahren, soweit dies nach vernünftigem Ermessen möglich ist
  2. Anwendung von geeigneten Schutzmaßnahmen gegen nicht abzuwendende Gefahren
  3. ggf. Unterrichtung der Benutzer über die Restgefahren und Hinweise auf geeignete besondere Maßnahmen zur Verringerung der Risiken bei der Installation und/oder der Benutzung

Wenn die Möglichkeit einer unsachgemäßen Verwendung bekannt oder vorhersehbar ist, sind die Druckgeräte so auszulegen, dass dem einer derartigen Benutzung innewohnenden Risiko vorgebeugt wird oder, falls dies nicht möglich ist, vor einer unsachgemäßen Benutzung des Druckgeräts in angemessener Weise gewarnt wird.

Entwurf (Konstruktion und Auslegung) von Druckgeräten

Druckgeräte sind unter Berücksichtigung aller für die Gewährleistung der Sicherheit der Geräte während ihrer gesamten Lebensdauer entscheidenden Faktoren fachgerecht zu entwerfen.

Insbesondere sind die folgenden Faktoren zu berücksichtigen:

  • Innen- und Außendruck
  • Umgebungs- und Betriebstemperaturen
  • statischer Druck und Füllgewichte unter Betriebs- und Prüfbedingungen
  • Belastungen durch Verkehr, Wind und Erdbeben
  • Reaktionskräfte und -momente im Zusammenhang mit Trageelementen, Befestigungen, Rohrleitungen usw.
  • Korrosion und Erosion, Materialermüdung usw.
  • Zersetzung instabiler Fluide

Unterschiedliche Belastungen, die gleichzeitig auftreten können, sind unter Beachtung der Wahrscheinlichkeit ihres gleichzeitigen Auftretens zu berücksichtigen.

Auslegung auf die erforderliche Belastbarkeit

Die Druckgeräterichtlinie unterscheidet die Auslegung nach Berechnungsmethode und/oder nach experimenteller Auslegungsmethode.

Die experimentelle Auslegungsmethode ohne Berechnung ist auf Druckgeräte begrenzt, deren Druck-Volumen-Produkt kleiner 6.000 bar*l bzw. Druck-Nenndurchmesser-Produkt kleiner 3.000 bar ist.

In den Abschnitten 2.2.3 „Berechnungsmethode” und 2.2.4 „experimentelle Auslegungsmethode” des Anhangs I werden beide Methoden näher beschrieben.

Die Gewährleistung der Sicherheit, wie z.B. durch die Verwendung geeigneter Sicherheitsfaktoren, ergibt sich aus der Anwendung harmonisierter Normen (Konformitätsvermutung) oder bewährter nationaler Regelwerke, wie z.B. AD 2000.

Vorkehrungen für die Sicherheit in Handhabung und Betrieb

Die Bedienungseinrichtungen der Druckgeräte müssen so beschaffen sein, dass ihre Bedienung nach vernünftigem Ermessen kein vorhersehbares Risiko mit sich bringt. Folgende Punkte sind ggf. besonders zu beachten:

  • Verschluss- und Öffnungsvorrichtungen
  • gefährliches Abblasen aus Überdruckventilen
  • Vorrichtungen zur Verhinderung des physischen Zugangs bei Überdruck oder Vakuum im Gerät
  • Oberflächentemperaturen unter Berücksichtigung der beabsichtigten Verwendung
  • Zersetzung instabiler Fluide

Insbesondere müssen Druckgeräte mit abnehmbarer Verschlussvorrichtung mit einer selbsttätigen oder von Hand bedienbaren Einrichtung ausgerüstet sein, durch die das Bedienungspersonal ohne Weiteres sicherstellen kann, dass sich die Vorrichtung risikolos öffnen lässt. Lässt sich die Vorrichtung schnell betätigen, so muss das Druckgerät außerdem mit einer Sperre ausgerüstet sein, die ein Öffnen verhindert, solange der Druck oder die Temperatur des Fluids eine Gefahr darstellt.

Vorkehrungen für die Inspektion

Druckgeräte sind so zu entwerfen, dass alle erforderlichen Sicherheitsinspektionen durchgeführt werden können. Falls dies zur Gewährleistung der kontinuierlichen Gerätesicherheit erforderlich ist, sind Vorkehrungen zur Feststellung des inneren Zustands des Druckgeräts vorzusehen, wie Öffnungen für den Zugang zum Inneren des Druckgeräts, sodass geeignete Inspektionen sicher und ergonomisch vorgenommen werden können.

Andere Mittel zur Gewährleistung eines sicheren Zustands der Druckgeräte können bei folgenden Gelegenheiten eingesetzt werden:

  • wenn diese zu klein für einen Einstieg sind
  • wenn sich das Öffnen des Druckgeräts nachteilig auf das Innere des Geräts auswirken würde
  • wenn der Inhaltsstoff den Werkstoff, aus dem das Druckgerät hergestellt ist, erwiesenermaßen nicht angreift und auch kein anderer interner Schädigungsprozess vorhersehbar ist

Entleerungs- und Entlüftungsmöglichkeiten

Es sind, falls erforderlich, geeignete Vorrichtungen zur Entleerung und Entlüftung der Druckgeräte vorzusehen, um

  • schädliche Einwirkungen wie Wasserschlag, Vakuumeinbruch, Korrosion und unkontrollierte chemische Reaktionen zu vermeiden (dabei sind alle Betriebs- und Prüfzustände, insbesondere Druckprüfungen zu berücksichtigen),
  • Reinigung, Inspektion und Wartung gefahrlos zu ermöglichen.

Korrosion und andere chemische Einflüsse

Erforderlichenfalls sind entsprechende Wanddickenzuschläge oder angemessene Schutzvorkehrungen gegen Korrosion oder andere chemische Einflüsse vorzusehen, wobei die beabsichtigte und nach vernünftigem Ermessen vorhersehbare Verwendung gebührend zu berücksichtigen ist.

Verschleiß

Wo starke Erosions- oder Abrieberscheinungen auftreten können, sind angemessene Maßnahmen zu treffen, um

  • diese Erscheinungen durch geeignete Auslegung, z.B. Wanddickenzuschläge, oder durch die Verwendung von Auskleidungen oder Beschichtungen zu minimieren,
  • den Austausch der am stärksten betroffenen Teile zu ermöglichen,
  • mithilfe der in Anhang I Nummer 3.4 der Druckgeräterichtlinie genannten Betriebsanleitung die Aufmerksamkeit auf diejenigen Maßnahmen zu richten, die für einen kontinuierlichen sicheren Betrieb erforderlich sind.

Baugruppen

Baugruppen sind so auszulegen, dass

  • die untereinander verbundenen Komponenten zuverlässig und für ihre Betriebsbedingungen geeignet sind,
  • der richtige Einbau aller Komponenten und ihre angemessene Integration und Montage innerhalb der Baugruppe gewährleistet wird.

Füllen und Entleeren

Ggf. sind die Druckgeräte so auszulegen und mit Ausrüstungsteilen auszustatten bzw. für eine entsprechende Ausstattung vorzubereiten, dass ein sicheres Füllen und Entleeren gewährleistet ist; hierbei ist insbesondere auf folgende Risiken zu achten:

a. beim Füllen:

  • Überfüllen oder zu hoher Druck, insbesondere im Hinblick auf den Füllungsgrad und den Dampfdruck bei der Bezugstemperatur
  • Instabilität des Druckgeräts

b. beim Entleeren: unkontrolliertes Freisetzen des unter Druck stehenden Fluids

c. beim Füllen und Entleeren: gefährdendes An- und Abkoppeln

 

Weitere detaillierte Informationen hierzu finden Sie in unserem Produkt CE von A bis Z.

Autor*in: Olaf Baumann