30.06.2022

Lieferkettensorgfaltsgesetz: Das müssen Qualitätsmanager wissen

Der Streit um das Lieferkettengesetz ist entschieden – nach fast einjährigen Auseinandersetzungen zwischen den Koalitionsparteien hat das Gesetz jetzt alle parlamentarischen Hürden genommen. Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde dabei in wesentlichen Punkten verändert. Wir zeigen Ihnen in diesem Beitrag, worauf sich Unternehmen und Qualitätsmanagement einstellen müssen.

Gesetz Paragraph

Lieferkettengesetz heißt jetzt Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

In der Vergangenheit kursierten mehrere Namen für das Gesetzesvorhaben – bspw. Lieferkettengesetz oder Sorgfaltspflichtengesetz. Die offizielle Fassung heißt jetzt „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – LkSG)“. Das LkSG wurde am 11.06.2021 in dritter Lesung im Bundestag verabschiedet. Am 25.06. 2021 hat der Bundesrat per Beschluss dem Entwurf zugestimmt, das Gesetz kann jetzt zum 01.01.2023 in Kraft treten.

Stufenplan für mittlere und größere Unternehmen

Mit dem LkSG werden verbindliche menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten in Lieferketten für bestimmte Unternehmensgrößen eingeführt. Der Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst Unternehmen mit 3.000 oder mehr Mitarbeitern und gilt ab 2024 für Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitern.

Hinweis

Das Gesetz erfasst im Gegensatz zum ersten Entwurf der Bundesregierung nun auch ausländische Unternehmen, wenn diese die genannte Anzahl von Mitarbeitern in einer Niederlassung auf deutschem Boden beschäftigen.

Obwohl nicht unmittelbar als Adressat genannt, werden natürlich auch kleinere Unternehmen – sofern sie im Rahmen der Lieferkette als Zulieferer für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten tätig werden – vom LkSG bzw. von dessen Anforderungen mittelbar betroffen sein. Die vom Lieferkettensorgfaltsgesetz konkret adressierten Unternehmen sind verpflichtet, bei ihren direkten Zulieferern die entsprechenden Risiken zu ermitteln. Dazu gehören

  • die international anerkannten Menschenrechte und
  • bestimmte Umweltstandards mit Bezug auf die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die verletzt oder gefährdet werden könnten.

Für identifizierte Risiken und bei substantiierter Kenntnis müssen die vom LkSG betroffenen Unternehmen laut Gesetz Gegenmaßnahmen ergreifen.

Schutz vor menschenrechtlichen Risiken

§ 2 Absatz 1 LkSG legt fest, dass „Geschützte Rechtspositionen“ im Sinne dieses Gesetzes solche sind, die sich aus den in den Nummern 1 bis 11 der Anlage aufgelisteten Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte ergeben. Ein menschenrechtliches Risiko im Sinne dieses Gesetzes ist laut § 2 Absatz 2 LkSG ein Zustand, bei dem aufgrund tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Verstoß gegen die in diesem Absatz aufgeführten 12 Verbote droht.

Im Wesentlichen geht es hier u. a. um die folgenden Bereiche:

  • Unversehrtheit von Leben und Gesundheit
  • Freiheit von Sklaverei und Zwangsarbeit
  • Schutz von Kindern und vor Kinderarbeit
  • Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen
  • Schutz vor Folter
  • Verbot der Missachtung der jeweils national geltenden Pflichten des Arbeitsschutzes
  • Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns; Einhaltung der Mindestlohnregelungen
  • Verbot der Ungleichbehandlung und Diskriminierung der Beschäftigten, wobei Ungleichbehandlung auch die Zahlung ungleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit umfasst
  • Verbot des widerrechtlichen Entzugs von Land, Wäldern und Gewässern bei dem Erwerb, der Bebauung oder anderweitigen Nutzung
  • Umweltbezogene Pflichten zum Schutz der menschlichen Gesundheit
  • Verbot der Ausfuhr gefährlicher Abfälle i. S. d. Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle

Gesetzliche Sorgfaltspflichten mittlerer und größerer Unternehmen

§ 3 LkSG nennt die Sorgfaltspflichten, die Unternehmen in ihren Lieferketten in angemessener Weise beachten müssen mit dem Ziel, menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken vorzubeugen, sie zu minimieren oder die Verletzung menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten zu beenden.

In diesem Zusammenhang ist Absatz 2 des § 3 LkSG besonders wichtig. Dieser bestimmt, dass sich die angemessene Weise eines Handelns, das den Sorgfaltspflichten genügt, nach

  • Art und Umfang der Geschäftstätigkeit des Unternehmens
  • dem Einflussvermögen des Unternehmens auf den unmittelbaren Verursacher eines menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risikos oder der Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht,
  • der typischerweise zu erwartenden Schwere der Verletzung, der Umkehrbarkeit der Verletzung, und der Wahrscheinlichkeit der Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht sowie
  • der Art des Verursachungsbeitrags des Unternehmens zu dem menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiko oder zu der Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder umweltbezogenen Pflicht richtet.

Diese Maßnahmen sollten betroffene Unternehmen planen

Aufgrund der Vorgaben sollten sich größere und mittlere Unternehmen jetzt schon vorbereiten, da der Zeitraum bis zum Inkrafttreten der ersten Schwelle (Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigte) schon in weniger als 17 Monaten bevorsteht:

  • eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte erstellen
  • ein Verfahren zur Ermittlung nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte vorbereiten (Risikoanalyse)
  • Maßnahmen zur Abwendung potenziell negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte ermitteln und festlegen (Risikomanagement)
  • ein internes Beschwerdeverfahren konzipieren und einrichten
  • Dokumentationsverfahren und Berichterstattung regeln

Zumutbarkeit und Angemessenheit der Risikomaßnahmen

Bezüglich des Risikomanagements gibt es nach Ansicht der meisten Rechtsexperten eine sinnvolle Einschränkung. Es geht bei den zu ergreifenden Maßnahmen nicht um die gänzliche Ausschaltung jeglicher Risiken bei den Sorgfaltspflichten, sondern das geforderte Risikomanagement ist danach auszurichten, welche Maßnahmen im Hinblick auf das einzelne Unternehmen angemessen und zumutbar sind.

Dabei sind vor allem die Art der Geschäftstätigkeit, die Wahrscheinlichkeit, mit der sich Risiken ergeben können und die Schwere möglicher Schäden zu berücksichtigen. Fest steht allerdings, dass das Unternehmen im Fall einer Verletzung menschenrechts- bzw. umweltbezogener Pflichten im eigenen Geschäftsbereich unverzüglich Maßnahmen zur Abhilfe ergreifen muss, die die Verletzung zwingend beenden. In der Regel sind hier auch präventive Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung künftiger Verletzungen notwendig.

Den kompletten Fachbeitrag sowie weiterführende Informationen zum Thema „Lieferkettensorgfaltsgesetz“ finden Sie in unserem Praxismodul „Maschinenverordnung“.

 

Autor*in: Ernst Schneider