19.10.2017

Ist Dokumentation 4.0 bereit für Industrie 4.0?

Seit Langem fallen bei jedem Stammtisch die Begriffe Industrie 4.0, und vereinzelt Dokumentation 4.0 oder Kommunikation 4.0. Was hat es damit auf sich, wie weit ist man in den Überlegungen?

Industrie 4.0

Man weiß eigentlich – nichts.

Wir können uns tatsächlich nur auf eine visionäre Traumreise begeben, zu wenig ist standardisiert, erforscht und entwickelt, dass man es mit dem Suffix 4.0 guten Gewissens als Basis für weitere Überlegungen verwenden könnte.

Das hängt damit zusammen, dass Industrie 4.0 selbst bei Weitem weder ausgereift noch standardisiert ist – jeder versteht etwas anderes darunter. Wie soll man also verlässlich über Dokumentation 4.0 referieren, wenn die Basis der 4.0-Schwestertechnologien selbst noch nicht eindeutig und stabil ist? Nicht nur Produktanbieter, auch Lieferanten sind betroffen, wenn es um die Prozesskette 4.0 hinsichtlich der Dokumentation geht.

Fassen wir dennoch kurz zusammen, was der Begriff Industrie 4.0 zu umfassen scheint, um anschließend zu versuchen, daraus eine Vision von Dokumentation 4.0 abzuleiten. Zuletzt sollten wir hinterfragen, ob der erforderliche Homo sapiens scriptandi/scriptandae 4.0 für seine künftigen Aufgaben adäquat konfiguriert sein wird.

Definition Industrie 4.0

Es gibt eine ganze Reihe von Begriffsdefinitionen zu Industrie 4.0, offenbar ein nach wie vor unscharfer Begriff, der sich aber auf folgende Kernziele reduzieren lässt:

    • Losgröße 1 in der Massenproduktion
    • Selbstkonfiguration, Selbstoptimierung und Selbstdiagnose der Automatisierungstechnik
    • Entlastung des Menschen und dessen Konzentration auf zunehmend komplexe Resttätigkeiten

Basis und Voraussetzung sind die Verfügbarkeit aller relevanten Informationen für die beteiligten Soft- und Hardware-Komponenten in Echtzeit. Wir nennen diese Basis auch „cyberphysikalische Systeme“, bei denen alle Instanzen in Echtzeit verbunden sind. Diese Dateninfrastruktur nennt man auch Internet der Dinge.

Das Konzept bezeichnet den Übergang vom menschenzentrierten System hin zu einem System, das den Menschen als Steuerungsinstanz entbehrlich macht: der Steuerstand einer Anlage degradiert zum Anzeigesystem. Die Systemkomponenten der Anlage stimmen notwendige Maßnahmen ohne menschliche Einflussnahme untereinander ab. Der Bediener greift nur noch ein, wenn seltene unvorhergesehene Ereignisse von den Subsystemen nicht autark lösbar sind.

Wir sind uns bewusst, dass diese Szenarien noch nicht in jedes Unternehmen ihren Weg gefunden haben. Gerade für den Mittelstand sind das Visionen, bei deren Umsetzung man nur in kleinen Schritten vorgehen kann.

 

Autor*in: Prof. Dr. -Ing. Ulrich Thiele (Selbstständiger Technikautor, Dozent an der Fachhochschule Gießen.)