10.12.2015

Abnahme gemäß VOB: Das müssen Sie beachten!

Die Abnahme gemäß VOB bei Bauvorhaben wird in rechtlicher Hinsicht oft unterschätzt. Fehler. Das führt in der Praxis immer wieder zu erheblichen Rechtsnachteilen. Welche Fehler sollten Sie als Auftragnehmer niemals machen?

Die häufigsten Abnahmefehler

Die Abnahme (gemäß VOB) ist eines der entscheidenden Ereignisse bei jedem Bauvorhaben. Sie ist von überragender rechtlicher Bedeutung und wirkt sich nachhaltig auf das Rechtsverhältnis von Auftraggeber und Auftragnehmer aus. Die Rechtslage verbessert sich mit der Abnahme vor allem für den Auftragnehmer.

Dennoch wird die Abnahme häufig stiefmütterlich behandelt, teilweise unterlaufen dem Auftragnehmer sogar nachhaltige Fehler. Das führt in der Praxis immer wieder zu erheblichen Rechtsnachteilen. Welche Fehler sollten Sie als Auftragnehmer niemals machen?

Der Auftragnehmer ist sich der zentralen Bedeutung der Abnahme nicht bewusst

Als Auftragnehmer müssen Sie wissen, dass mit der Abnahme erhebliche Vorteile verbunden sind. So führt die Abnahme

  • zum Übergang der Gefahr (der Beschädigung oder Zerstörung des Bauwerks) auf den Auftraggeber,
  • zum Beginn der Gewährleistungsfrist,
  • zum Übergang der Beweislast in Bezug auf Mängel und
  • zur Fälligkeit der Schlussrechnung.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Auftragnehmer bis zur Abnahme die Gefahr trägt, die Gewährleistungsfrist nicht beginnt, die Beweislast für Mängel beim Auftragnehmer bleibt und vor allem die Schlussrechnung nicht fällig wird. Das sind natürlich für den Auftragnehmer ganz erhebliche Rechtsnachteile. So muss er z.B. bis zur Abnahme für sämtliche Beschädigungen des Bauwerks einstehen, selbst wenn diese von unbekannten Dritten begangen wurden.

Der Auftragnehmer kann bis zur Abnahme auch keine Zahlung auf seine Schlussrechnung verlangen. Dies ist besonders misslich, da nach der Rechtsprechung der Auftragnehmer ab Fertigstellung seiner Leistungen keine Zahlungen mehr auf Abschlagsrechnungen verlangen kann (sog. Schlussrechnungsreife). Insoweit kommt es also letztlich zu einem Zwischenstadium, in dem der Auftragnehmer nicht mehr die Zahlung von Abschlagsrechnungen, aber auch noch nicht die Zahlung der Schlussrechnung verlangen kann.

Dem kann der Auftragnehmer nur entgehen, indem er schnellstmöglich für die Durchführung der Abnahme sorgt.

Nach Fertigstellung wird keine Abnahme verlangt

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass der Auftragnehmer nach Fertigstellung seiner Arbeiten keine Abnahme fordert.

Wird keine Abnahme durchgeführt, führt dies zu einer höchst risikobehafteten Unsicherheit. Denn solange die Abnahme nicht durchgeführt wurde, ist z.B. unsicher, ob und wann die Gewährleistungsfrist zu laufen begonnen hat und wann die Gefahr übergegangen ist. Haben die Parteien z.B. eine fünfjährige Gewährleistungsfrist vereinbart und zeigt sich fünf Jahre und einen Monat nach Fertigstellung der Arbeiten des Auftragnehmers ein Mangel, so ist ungewiss, ob sich der Auftragnehmer noch in der Gewährleistungsfrist befindet. In einem solchen Fall kann der Zeitpunkt der Fertigstellung auch nicht einfach mit der Abnahme gleichgesetzt werden. Die Abnahme setzt nämlich voraus, dass der Auftraggeber das Bauwerk in irgendeiner Weise als vertragsgerecht billigt. Das ist regelmäßig bei der bloßen Fertigstellung noch nicht der Fall.

Besteht keine Klarheit über die Abnahme, so ist auch unklar, ob der Auftragnehmer weiterhin für den Schutz seiner Leistungen zu sorgen hat und ob die Schlussrechnung fällig ist. Solche Unsicherheiten sollte der Auftragnehmer im eigenen Interesse unbedingt vermeiden.

Der Auftragnehmer setzt keine Frist zur Abnahme

Hat der Auftragnehmer seine Arbeiten fertiggestellt, so muss er im eigenen Interesse unbedingt unverzüglich für die Abnahme sorgen. Dazu sollte der Auftragnehmer immer dem Auftraggeber eine Frist zur Abnahme setzen. Im Regelfall ist eine Frist von zwei Wochen angemessen.

Setzt der Auftragnehmer keine solche Frist, so ist äußerst ungewiss, ob und wann die Abnahmewirkungen eintreten.

Nach Kündigung wird keine Abnahme verlangt

Es entsprach jahrelang der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass im Fall der Kündigung eines Bauvertrags die Abnahme der Bauleistungen nicht erforderlich sei. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung aber bereits im Jahr 2006 geändert und vertritt nunmehr die gegenteilige Auffassung. Danach bedarf es zur Herbeiführung der Abnahmewirkungen (insbesondere der Fälligkeit der Schlussrechnung) nunmehr auch im Fall der Kündigung des Bauvertrags einer Abnahme.

In einem solchen Fall darf der Auftraggeber die Abnahme natürlich mit dem Argument verweigern, die Bauleistungen seien noch nicht fertiggestellt worden. Sind die erbrachten Bauleistungen (wenn auch nicht fertiggestellt) jedenfalls ohne wesentliche Mängel hergestellt worden, so muss der Auftraggeber die Abnahme erklären. Das gilt auch dann, wenn die Leistungen letztendlich kündigungsbedingt nicht fertiggestellt wurden.

Der Auftragnehmer bejaht vorschnell die Abnahme

Auftragnehmer bejahen immer vorschnell die Abnahme bzw. den Eintritt der Abnahmewirkungen. So wird häufig angenommen, allein die Ingebrauchnahme des Bauwerks (z.B. einer Heizung o.Ä.) wäre mit der Abnahme gleichzusetzen. Das ist falsch, denn nach ständiger Rechtsprechung muss dem Auftraggeber nach der Inbenutzungnahme noch ein angemessener Zeitraum zur Prüfung der Bauleistungen zur Verfügung stehen.

Eine Abnahme durch Ingebrauchnahme ist zudem dort ausgeschlossen, wo die Parteien eine förmliche Abnahme vereinbart haben. Diese Abnahmeform ist aber mittlerweile in nahezu jedem Bauvertrag ausdrücklich vorgesehen.

Entgegen weitverbreiteter Ansicht bedeutet auch die bloße Fortführung der Bauarbeiten keine Abnahme.

Beispiel:

Der Trockenbauer ist der Meinung, seine Arbeiten seien abgenommen, weil der Maler mit dem Anstrich begonnen habe. Dabei wird übersehen, dass die VOB/B in der Fortführung der Arbeiten gerade keine Abnahme sieht.

§ 12 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 VOB/B lautet: „Die Benutzung von Teilen einer baulichen Anlage zur Weiterführung der Arbeiten gilt nicht als Abnahme.“

Der Auftragnehmer prüft nicht die Möglichkeit von Teilabnahmen

Der Auftragnehmer hat bei einem VOB/B-Vertrag grundsätzlich ein Recht auf Teilabnahmen (§12 Abs. 2 VOB/B). Zwar kann dieses Recht im Bauvertrag durch eine entsprechende Vereinbarung ausgeschlossen werden. Das ist jedoch nicht bei jedem Bauvertrag tatsächlich der Fall. Deshalb muss der Auftragnehmer im eigenen Interesse unbedingt prüfen, ob nach dem Bauvertrag Teilabnahmen ausgeschlossen sind.

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Ist dies nicht der Fall, so sollte der Auftragnehmer immer dann eine Teilabnahme fordern, wenn er eine in sich abgeschlossene Leistung (§ 12 Abs. 2 VOB/B) fertiggestellt hat.

Die Forderung nach einer Teilabnahme kann aber auch dann sinnvoll sein, wenn der Bauvertrag an sich Teilabnahmen ausschließt.

Beispiel:

Der Auftraggeber hat einen Teil der vom Auftragnehmer erstellten Arbeiten bereits in Benutzung genommen. In einem solchen Fall dürfte es rechtsmissbräuchlich sein, wenn sich der Auftraggeber auf den Ausschluss von Teilabnahmen im Bauvertrag beruft.

Der Auftragnehmer sollte deshalb in einem solchen Fall unbedingt eine Teilabnahme fordern.

Der Auftragnehmer kennt sein Recht zur Zustandsfeststellung nicht

Selbst für den Fall, dass

  • Teilabnahmen vertraglich ausgeschlossen sind oder
  • die Voraussetzungen einer Teilabnahme nicht vorliegen,

kann der Auftragnehmer aber zumindest immer noch eine Zustandsbesichtigung fordern. Bei dieser wird der Zustand der erbrachten Bauleistungen besichtigt und das Ergebnis sodann protokolliert. Das ist vor allem bei solchen Leistungen sinnvoll, die später durch die weitere Fortführung des Bauvorhabens überdeckt werden.

Die Zustandsfeststellung führt zwar nicht die Rechtswirkungen einer vollwertigen Abnahme herbei. Nach herrschender Meinung kommt es nach einer Zustandsfeststellung aber zumindest zu einer Beweislastumkehr in Bezug auf Mängel. Behauptet also der Auftraggeber nach einer (mangelfreien) Zustandsbesichtigung Mängel, so wird er hierfür die Beweislast tragen.

Der Auftragnehmer prüft die rechtliche Wirksamkeit von Abnahmeklauseln nicht

Viele Auftraggeber versuchen, durch vertragliche Gestaltungen den Abnahmezeitpunkt hinauszuzögern. Solche Klauseln sind häufig unwirksam.

Das gilt insbesondere für Klauseln in Subunternehmerverhältnissen. Dort ist häufig geregelt, dass der Auftragnehmer die Abnahme seiner Leistungen erst nach der Abnahmeerklärung des Bauherrn verlangen dürfe. Solche Klauseln sind jedenfalls dann unwirksam, wenn die Klausel keinerlei zeitliche Höchstgrenze enthält.

Deshalb sollte der Auftragnehmer eine Klausel, die den Abnahmezeitpunkt irgendwie hinauszögert, unbedingt auf ihre Wirksamkeit prüfen lassen.

Das Abnahmeprotokoll wird ungeprüft unterschrieben

Der Auftragnehmer darf ein Abnahmeprotokoll keinesfalls unterschreiben, wenn er nicht zuvor dessen Inhalt im Detail geprüft hat. Nach einigen Gerichtsentscheidungen kann der Inhalt eines Abnahmeprotokolls sogar zur Änderung eines bereits geschlossenen Bauvertrags führen, wenn er von diesem abweicht.

Beispiel:

Die Parteien eines Bauvertrags haben eine fünfjährige Gewährleistungsfrist vereinbart. Ab Abnahme gerechnet würde diese Frist an sich am 01.09.2019 ablaufen. In das Abnahmeprotokoll wurde als Ablaufdatum der Gewährleistungsfrist allerdings der 01.10.2019 eingetragen. Der Auftragnehmer unterschreibt.

In einem vergleichbaren Fall hat das Gericht entschieden, dass die Parteien damit einvernehmlich die Gewährleistungsfrist auf den 01.10.2019 verlängert hätten. Abweichend vom Vertrag beläuft sich also die Gewährleistungsfrist nunmehr auf fünf Jahre und einen Monat.

Ob das hier zitierte Urteil richtig ist, mag dahinstehen. Dagegen spricht, dass ein Auftragnehmer durch die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls grundsätzlich den Bauvertrag (und die dort vereinbarte Gewährleistungsfrist) wohl nicht ändern möchte. Auf der anderen Seite ist das Urteil dennoch in der Baupraxis zu beachten.

Deshalb gilt: Ein Abnahmeprotokoll darf erst nach eingehender Prüfung der Eintragungen unterschrieben werden.

Hinweis für die Praxis:

Entgegen weitverbreiteter Ansicht führt die Unterschrift des Auftragnehmers unter ein Abnahmeprotokoll nicht dazu, dass er damit die im Protokoll genannten Mängel endgültig anerkennt.

Durch seine Unterschrift bestätigt der Auftragnehmer grundsätzlich nur, dass er die Mangelvorbehalte des Auftraggebers zur Kenntnis genommen hat. Er bestätigt nicht, dass die Mangelvorbehalte inhaltlich auch berechtigt sind.

Trotz Abnahmeverweigerung werden keine Beweise gesichert

Wie bereits weiter oben ausgeführt, führt erst die Abnahmeerklärung des Auftraggebers zur Beweislastumkehr in Bezug auf Mängel. Das bedeutet, dass ab erteilter Abnahme der Auftraggeber das Vorhandensein von Mängeln beweisen muss.

Solange die Abnahme aber nicht erteilt wurde, bleibt der Auftragnehmer in der Beweislast dafür, dass seine Leistungen keine wesentlichen Mängel aufweisen. Das gilt insbesondere auch dann, wenn die Abnahme verweigert wurde. Hier ist es Sache des Auftragnehmers, die Mangelfreiheit seiner Leistungen zu beweisen.

Diesen Beweis wird der Auftragnehmer nur führen können, wenn er im Fall einer Abnahmeverweigerung schnellstmöglich die Beweise sichert. Dazu ist es im Minimum notwendig, dass der Auftragnehmer Fotos der bemängelten Bauleistung anfertigt. Rügt der Auftraggeber die Überschreitung von Toleranzen (z.B. an die Ebenheit o.Ä.), so sollte der Auftragnehmer auch die ihm konkret festgestellten Messwerte dokumentieren.

In aller Regel empfiehlt es sich, die Beweissicherung von einem Sachverständigen durchführen zu lassen. Denn der Auftragnehmer darf ein Risiko nicht unterschätzen: Der Auftraggeber kann im Fall der verweigerten Abnahme (nach Ablauf einer Nachfristsetzung) die Ersatzvornahme durchführen und so den mangelhaften Zustand beseitigen. In einem solchen Fall trägt der Auftragnehmer auch nach der Ersatzvornahme immer noch die Beweislast. Der Auftragnehmer muss also letztendlich nachträglich beweisen, dass die behaupteten Mängel ursprünglich gar nicht vorlagen. Dieser Beweis wird dem Auftragnehmer äußerst schwerfallen, weil der ursprünglich vorhandene Zustand nach der Ersatzvornahme gar nicht mehr vorhanden und überprüfbar ist.

Deshalb gilt: Im Fall der verweigerten Abnahme muss der Auftragnehmer alles dafür tun, das Nichtvorhandensein der gerügten Mängel beweisen zu können.

Der Auftragnehmer fragt nicht nach den Gründen für die Abnahmeverweigerung

Verweigert der Auftraggeber die Abnahme wegen wesentlicher Mängel, so ist er verpflichtet, die (angeblichen) Mängel im Einzelnen zu benennen.

Kommt der Auftraggeber dieser Pflicht nicht nach, so muss der Auftragnehmer ihn hieran im eigenen Interesse erinnern. Denn der Auftragnehmer muss – wie weiter oben dargelegt – im Streitfall beweisen können, dass es die behaupteten Mängel tatsächlich nicht gibt. Das kann er jedoch nur dann tun, wenn er von den konkreten Mängelbehauptungen Kenntnis hat.

Die Abnahme wird nur mit dem Architekten bzw. dem Fachingenieur durchgeführt

Architekten bzw. Fachingenieure handeln zwar regelmäßig im Auftrag des Auftraggebers. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass Architekten/Fachingenieure auch bevollmächtigt sind, die Abnahme zu erklären.

Ganz im Gegenteil gilt im Regelfall, dass weder der Architekt noch der Fachingenieur Vollmacht zur Erklärung der Abnahme hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Architekt/Fachingenieur einen Architekten-/Ingenieurvertrag mit dem Auftraggeber abgeschlossen hat. Ein solcher Vertrag führt nicht automatisch zur Bevollmächtigung des Architekten/Ingenieurs.

Das gilt auch dann, wenn der Architekt/Ingenieur mit der Bauüberwachung beauftragt wurde. Der Bauüberwacher oder der Bauleiter ist nicht automatisch zur Erklärung der Abnahme bevollmächtigt.

Führt der Auftragnehmer die Abnahme dennoch mit dem Architekten/Ingenieur durch, so ist der Auftraggeber an eine etwaige Abnahmeerklärung nicht gebunden. Vielmehr handelt der Architekt/Ingenieur außerhalb seiner Vollmacht mit der Folge, dass der Auftraggeber die Abnahmeerklärung nicht gegen sich gelten lassen muss. Das kann zu erheblichen Rechtsnachteilen führen.

Als Auftragnehmer sollten Sie sich daher stets vor der Abnahme beim Auftraggeber erkundigen, ob der Architekt/Ingenieur zur Abnahme bevollmächtigt ist. Ist dies nicht der Fall, so sollten Sie unbedingt die Teilnahme des Auftraggebers oder einer von ihm bevollmächtigten Person an der Abnahme fordern.

Verlassen Sie sich niemals auf die Behauptung des Architekten/Ingenieurs, er habe Vollmacht zu Abnahme. Erkundigen Sie sich vielmehr direkt beim Auftraggeber.

Autor*in: Markus Fiedler (Rechtsanwalt Markus Fiedler. Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Partner der Sozietät Dieckert.Tätigkeitsschwerpunkte: Gestaltung von Ingenieur- und Bauverträgen, baubegleitende Rechtsberatung, Vertretung vor Gericht. Referent von baurechtlichen Schulungen tätig. Herausgeber der Werke "BGB und VOB für Handwerker und Bauunternehmer" und "Praxishandbuch Bauleitung und Objektüberwachung".)