07.05.2023

Der äußere Blitzschutz – Das müssen Sie wissen

Ein äußeres Blitzschutzsystem besteht aus den Fangeinrichtungen, den Ableitungen und dem Erdungssystem. Ziel ist es, Blitze einzufangen, den Blitzstrom gegen Erde abzuleiten und im Erdreich großflächig zu verteilen. Erfahren Sie mehr dazu in unserem Fachbeitrag.

Der äußere Blitzschutz: Anforderungen der Norm

Standort und Besonderheiten bei der Installation

Meistens wird der äußere Blitzschutz bzw. das äußere Blitzschutzsystem an den zu schützenden Anlagen oder Gebäuden befestigt.

Bei Gebäuden oder Anlagen mit explosiven oder brennbaren Bereichen, Wänden und Dachaufbauten oder gegen elektromagnetische Strahlungen empfindlichen Anlagen können auch getrennte äußere Blitzschutzsysteme zur Anwendung kommen. Natürliche Bestandteile der Anlage, die gut leitend sind und nicht verändert werden (z.B. Stahlskelette), dürfen ebenfalls als Ableitung genutzt werden.

Bitte beachten Sie: Der äußere und der innere Blitzschutz müssen stets als Einheit betrachtet werden.

Der äußere Blitzschutz: Fangeinrichtungen

Die Fangeinrichtungen des äußeren Blitzschutzes müssen so dimensioniert und positioniert werden, dass die Auswirkungen des Blitzes auf das Gebäude minimiert werden. Fangeinrichtungen können aus den nachfolgend erläuterten Bestandteilen errichtet werden und sind beliebig kombinierbar.

Fangstangen oder frei stehende Maste

Blitzschutz
Abb. 1: Fangstange

Gespannte Seile

Hierbei sind Fangmaste in einer bestimmten Höhe über den zu schützenden Anlagen auf dem Dach durch Seile miteinander verbunden. Dies wird besonders dort genutzt, wo die Trennungsabstände auf der Dachfläche nicht eingehalten werden können. Diese Seile haben immer einen Querschnitt von 50 mm² und bestehen meist aus Aluminium.

Vermaschte Leiter

Die Leitungen werden in den Abständen, die den Blitzschutzklassen entsprechen, meist auf Flachdächer mittels Abstandshalter montiert und miteinander verbunden.

Verfahren

Zur optimalen Lage und Anordnung der Fangeinrichtungen werden verschiedene Verfahren genutzt:

  • Blitzkugelverfahren
  • Maschenverfahren
  • Schutzwinkelverfahren

Diese Verfahren sind kombinierbar und können nach baulichen Gegebenheiten einzeln oder als Gesamtheit angewandt werden.

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Äußerer Blitzschutz: Schutzverfahren

Wann ist welches Verfahren zu wählen?

Für komplexe Anlagen mit einer komplizierten Planung sollte immer das Blitzkugelverfahren angewandt werden, für einfache Planungen das Schutzwinkelverfahren und z.B. für Flachdächer das Maschenverfahren. Falls bei den beiden zuletzt genannten Verfahren Unsicherheiten auftreten, sollte immer auf das Blitzkugelverfahren zurückgegriffen werden.

Das Blitzkugelverfahren

Nachdem die Risikoanalyse durchgeführt und die für das Gebäude relevante Blitzschutzklasse ermittelt wurde, können mit dem Blitzkugelverfahren die Fangeinrichtungen positioniert werden.

Jeder Blitzschutzklasse sind Radien der Blitzkugel und der Maschenweiten zugeordnet. Wird jetzt die Blitzkugel über das zu schützende Gebäude gerollt, sind die Berührungspunkte der Kugel mit dem Gebäude relevante Einschlagstellen des Blitzes.

Dort müssen Fangeinrichtungen montiert werden, die bewirken, dass der Blitz in diese einschlägt und kontrolliert über die Ableitungen zur Erdungsanlage geführt wird.

Blitzschutz
Abb. 2: Blitzkugelverfahren 1 (Quelle: Dehn & Söhne)

Mit modernen CAD-Programmen kann die Blitzkugel über eine dreidimensionale Darstellung des Gebäudes gerollt werden. Je nach Blitzschutzklasse können unterschiedliche Radien der Blitzkugel bei der Simulation realisiert werden.

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Abb. 3: Blitzkugelverfahren 2 (Quelle: Reiner Linder)

Ziel muss es sein, alle möglichen Einschlagpunkte mit Fangstangen zu sichern. Diese Fangstangen müssen so dimensioniert sein, dass sich alle Teile der zu schützenden Anlage im Schutzbereich befinden.

Bei der Installation von mehreren Fangstangen muss auch die Eindringtiefe der Blitzkugel zwischen den einzelnen Fangstangen berücksichtigt werden, damit durch den Durchhang der Kugel nicht gefährliche Näherungen zu den zu schützenden Teilen entstehen (nachzulesen in der DIN EN 62305-3 (VDE 10185-305-3) E.5.2.2.2).

Damit eine Blitzstromaufteilung gewährleistet ist, müssen die Fangstangen auf Dachebene miteinander verbunden werden. Durch das Blitzkugelverfahren können die Anzahl und die Orte von Fangstangen exakt festgelegt werden.

Das Maschenverfahren

Das Maschenverfahren wird hauptsächlich zum Schutz ebener Flächen eingesetzt, meist aber kombiniert mit Fangstangen und Fangmasten. Die Maschenweite richtet sich nach der durch eine Risikoanalyse berechneten Blitzschutzklasse.

Die Leitungen der Maschen können unmittelbar auf dem Flachdach entweder mittels Dachleitungshalter oder geständert in einem berechneten Trennungsabstand vom Dach montiert werden. Die Entscheidung, welche Art der Installation zu wählen ist, trifft die Blitzschutzfachkraft. Hierbei sind besonders Näherungen zu elektrisch leitenden Objekten bzw. elektrischen Leitungen zu beachten.

Das Schutzwinkelverfahren

Das Schutzwinkelverfahren sollte dann angewandt werden, wenn die zu schützenden Anlagenteile innerhalb des durch die Schutzeinrichtung (hier: Fangstangen oder Maste) geschützten Volumens liegen.

Dieses geschützte Volumen wird als kreisförmiger Kegel mit senkrechter Achse definiert, an dessen Spitze der Winkel α entsprechend der jeweiligen Schutzklasse und der Höhe der Fangeinrichtung das Schutzvolumen aufspannt.

Der äußere Blitzschutz: Natürliche Fangeinrichtungen

Teile einer baulichen Anlage, die gewisse Kriterien erfüllen, können ebenfalls als Fangeinrichtungen genutzt werden. Sie sind dann Teil des äußeren Blitzschutzes. Hier sind meist Metalldächer, durchverbundene Bewehrungen und Metallrohre bzw. Metallbehälter gemeint, die keine leitende Verbindung in das zu schützende Gebäude haben. Diese natürlichen Fangeinrichtungen müssen eine gewisse Materialdicke aufweisen, die gewährleistet, dass der Blitz diese Bleche nicht durchlöchert, und sie müssen gut leitend miteinander verbunden und in die weiteren Fangeinrichtungen eingebunden sein.

Alle Fangeinrichtungen müssen jedoch so angeordnet werden, dass durch sie keine Gefahr für elektrische Installationen auf dem Dach entsteht. Das bedeutet, dass mathematisch ermittelte Trennungsabstände zwischen den Installationen existieren müssen. Sind die Trennungsabstände nicht eingehalten bzw. nicht einzuhalten, muss ein getrenntes Blitzschutzsystem errichtet werden.

Getrenntes Blitzschutzsystem

Getrennter äußerer Blitzschutz bedeutet, dass durch alle Fangeinrichtungen und deren Verbindungen auf dem Dach die berechneten Trennungsabstände eingehalten werden. Dies kann durch eine geschickte Positionierung der Fangstangen und eine geständerte Leitungsführung der Verbindungen erreicht werden. Fangmaste können mit Seilen (Aldreyseile) außerhalb des Berührungsbereichs verbunden werden. Ebenso ist der Einsatz von hochspannungsfester, isolierter Leitung empfehlenswert.

Entscheidend ist die Blitzstromaufteilung auf möglichst viele leitfähige Teile. Je höher die Aufteilung ist, umso geringer werden die Trennungsabstände und die Einwirkungen der elektromagnetischen Komponente auf die Elektroinstallationen der Dachaufbauten.

Zum äußeren Blitzschutz gehört die Erdungsanlage.

Weiterführende Beiträge

Autor*in: Dipl. Ing. Helmut Zitzmann