20.12.2018

Zweite Kartellklage gegen Lkw-Hersteller auf dem Weg

Für einigen Kartellgestank sorgte vor rund zwei Jahren das Lkw-Kartell. 14 Jahre lang sollen die Lkw-Hersteller Preise, Zeitpunkte für Markteinführung und Abgasmehrkosten abgesprochen haben. Jetzt bringen Logistikverbände neue Klagen gegen die Firmen auf den Weg.

Mehr als 3.800 Transport- und Logistikunternehmen haben sich zusammengetan und eine zweite Kartellklage gegen Lkw-Hersteller eingereicht.

Mammutklage wegen 64.000 Lkws

Hinter der neuerlichen Kartellklage gegen Lkw-Hersteller stehen mehr als 3.800 Transport- und Logistikunternehmen mit über 64.000 Lkws aus 26 Ländern. In ihrem Auftrag hat der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL) gemeinsam mit dem Rechtsdienstleister Financialright claims GmbH eine zweite Klage am Landgericht München eingereicht. Man kann hier durchaus von einer Mammut-Kartellklage sprechen.

In den Jahren 2016 und 2017 hatte die Europäische Kommission Rekordgeldbußen von über 3,7 Milliarden Euro gegen die führenden Lkw-Hersteller MAN, Daimler-Benz, Volvo/Renault, DAF, Iveco und Scania wegen ihrer Beteiligung an dem Lkw-Kartell verhängt.

Deren Zusammenarbeit im Kartell dauerte mindestens 14 Jahre – von Januar 1997 bis Januar 2011. Dabei sollen die Hersteller nicht nur Preise für Lkws abgesprochen haben, sondern auch den Zeitpunkt der Einführung und die Weitergabe der Mehrkosten für die Einhaltung der Abgasnormen Euro III bis VI. Die juristische Vertretung vor Gericht übernimmt die Kanzlei Hausfeld Rechtsanwälte LLP, die sich auf Kartellschadensersatzverfahren spezialisiert hat.

Größte Kartellklagen gegen Lkw-Hersteller

Bereits Ende 2017 hatte der BGL eine erste Kartell-Klage gegen die Lkw-Hersteller eingelegt. Zusammen mit der ersten Klage wird jetzt für insgesamt über 149.000 Lkws Schadensersatz eingeklagt. Diese beiden Kartellklagen sind auch bei getrennter Betrachtung die größten vor Gericht befindlichen Klagen zum Lkw-Kartell.

Vertreter von BGL, Hausfeld und Financialright wollen zusammen mit betroffenen Unternehmern in einer Pressekonferenz am 16. Januar 2019 in Frankfurt am Main u.a. über Schadenshöhe, rechtliche Hintergründe der Klage, bereits ergangene Urteile sowie über die künftige Rolle von Musterfeststellungsklagen informieren.

Musterfeststellungsklage nicht zulässig in Lkw-Kartellverfahren

Wie eurotransport.de berichtet, hat auch die Ladungskooperation Elvis aus Alzenau für ihre Mitgliedsunternehmen Klage eingereicht. Für das Verfahren hatte Elvis eigens die Themis Schaden GmbH gegründet. Diese bündelt die Ansprüche von rund 310 Mitgliedsunternehmen bündelt. Insgesamt geht es um mehr als 16.500 Fahrzeuge, die von den Preisabsprachen der Hersteller im Zeitraum zwischen 1997 und 2011 betroffen waren.

Diese Allianz wird vertreten von der Kanzlei Arnecke – Sibeth – Dabelstein aus Frankfurt. Ihr zufolge beteiligen sich bereits viele Geschädigte teilweise mit Hilfe von Prozessfinanzierern an Gerichtsverfahren.

Eine Musterfeststellungsklage sei sinnlos, insbesondere weil die EU-Kommission schon Feststellungen zu Lasten der Lkw-Kartellanten getroffen habe. Auf diese Feststellungen können sich die betroffenen Käufer und Leasingnehmer berufen, so Rechtsanwalt Carsten Vyvers von der Kanzlei.

Ein Sprecher des BGL-Klagekonsortiums kommentiert dazu auf „eurotransport.de“, dass eine Musterfeststellungsklage nicht für Kartellklagen gegen das Lkw-Kartell genutzt werden könne. Diese Klageform stehe nur Verbrauchern zur Verfügung, nicht aber Unternehmen wie Speditionen.

Erfahrene Sammelklage-Rechtsanwälte

Wer die Kläger vertritt

Die Kanzlei Hausfeld hat sich als Spezialkanzlei in Europa und den USA für die Geltendmachung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche einen Namen gemacht. Größere Bekanntheit in Deutschland erreichte der Gründungspartner Michael Hausfeld durch die Vertretung der NS-Zwangsarbeiter gegen die Bundesregierung Ende der 90er Jahre sowie jüngst durch die Aufarbeitung des VW-Abgasskandals.

Financialright claims GmbH vereint als Legal-Tech-Unternehmen technologisches und juristisches Know-how. Das Unternehmen betreibt die Online-Plattform truck-damages.com.

Der BGL sieht sich als Spitzenverband für Straßengüterverkehr, Logistik und Entsorgung in Deutschland. Er vertritt seit 1947 eigenen Angaben zufolge die berufsständischen Interessen von derzeit rund 7.000 Unternehmen.

BGL wirbt mit Brummi-Logo für Ansehen von Berufskraftfahrern

Mit dieser Brummi-Initiative wollen der BGL und die emsländische Krone Nutzfahrzeug Gruppe zu einem besseren Image der Logistikbranche und der Berufskraftfahrer beitragen.

Als Startkapital hatte Krone einen Sattelauflieger mit dem Brummi-Logo des BGL gestiftet. Diesen ersteigerte die Langenlonsheimer Transport GmbH für 26.500 Euro. Jetzt wurde der Brummi-Trailer von Krone-Geschäftsführer Dr. Frank Albers im Beisein von BGL-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Dirk Engelhardt an die Langenlonsheimer Transport GmbH übergeben.

2018 mehr Bußgelder gegen Kartellverstöße

Wie der SPIEGEL berichtet, wurden 2018 insgesamt auch deutlich mehr Bußgelder gegen Kartellverstöße verhängt:

Die strengeren Regeln gegen wettbewerbswidrige Absprachen zeigen Wirkung. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bundeskartellamt-bestraft-firmen-mit-deutlich-hoeheren-bussgeldern-a-1244722.html
Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)