09.05.2016

Willenserklärung: Willen schlüssig erklären

Im täglichen Leben findet man häufig Fälle von konkludentem Handeln: Steigen Sie in den ICE ein, schließen Sie dadurch einen rechtlich wirksamen Beförderungsvertrag mit der Deutschen Bahn, DB Fernverkehr AG. Nehmen Sie eine Fertigpizza, legen sie beim schweigsamen Kassierer aufs Band und zahlen, ohne auch nur ein Wort zu sagen, wird dennoch ein Kaufvertrag geschlossen. Schlüssiges Verhalten liegt auch vor, wenn ein Vertrag ohne Widerspruch fortgesetzt wird, nachdem Änderungen der Vertragsbedingungen bekannt gegeben wurden oder wenn man die Mietsache, nachdem der Mietvertrag eigentlich beendet war, weiter nutzt. Gerade in bestehenden Geschäftsverbindungen zwischen Unternehmen kann es als Zustimmung gewertet werden, wenn der Lieferant auf „Abruf“ des Bestellers die Ware ohne gesonderte Bestätigung einfach liefert.

Willen schlüssig erklären

Konkludente Willenserklärung – was ist das?

Um einen Vertrag abzuschließen, sind zwei korrespondierende Willenserklärungen notwendig. Es gibt drei Arten seinen Willen zu erklären: Schriftlich, mündlich und konkludent. Konkludentes Verhalten kann sich zum Beispiel aus der Gestik oder Mimik ergeben.

Wichtig ist, dass der Handelnde seinen Geschäftswillen mittelbar zum Ausdruck bringt. Dabei wird auf die Sicht eines objektiven Betrachters, der sich an die Stelle des Erklärungsempfängers stellt, abgestellt. Aus dem konkludenten Verhalten wird dann auf den Geschäftswillen geschlossen. Der Wille sich rechtlich zu binden, muss objektiv zu erkennen sein.

Bei entgegenstehenden Formvorschriften reicht eine konkludente Willenserklärung nicht. Ist eine schriftliche gefordert, genügt keine schlüssige.

Schweigen als Willenserklärung

Unternehmer können auch konkludent vereinbaren, dass Schweigen als Willenserklärung aufzufassen ist. Das gilt bei schon bestehenden Vertragsbeziehungen.

Ein Beispiel: Der Einkäufer einer großen Supermarktkette bestellt bei einem Käselieferanten für Januar bis März, also drei Monate, mehrere Paletten Käse einer bestimmten Marke. Die Ware verkauft sich gut. Als der Käselieferant ohne weitere Vereinbarung auch die nächsten beiden Monate, April und Mai, die gleiche Käsemenge liefert, wird der Kaufpreis für die Ware überwiesen.

Zwar haben die Vertragsparteien keinen ausdrücklichen Vertrag über die Käselieferung der letzten beiden Monate geschlossen –die ursprünglich Vereinbarung war auf drei Monate befristet -, aber es wurde eine stillschweigende Vereinbarung hinsichtlich der darauf folgenden Monate geschlossen: Der Käsehersteller hat geliefert und der Käsebesteller die Ware entgegengenommen und bezahlt.

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Autor*in: Astrid Hedrich (Rechtsanwältin und Dozentin in Augsburg. Beschäftigt sich mit Wirtschaftsrecht.)