29.01.2021

WEF: Firmen wollen treibhausneutral einkaufen

SAP plant es bis 2025, Siemens bis 2030, RWE will bis 2040 so weit sein: Immer mehr Firmen wollen demnächst treibhausgasneutral einkaufen. Das geht aus einer Umfrage des Weltwirtschaftsforums (WEF) hervor. Der Haken dabei: Außen vor bleiben Emissionen in der globalen Lieferkette.

Treibhausneutral einkaufen

Wo fallen die meisten Emissionen an? Nicht daheim!

Abbau von Rohstoffen, Zulieferer oder Transport – gerade hier fallen die meisten Emissionen an. Deren Anteil kann beträchtlich sein. Diesen Rucksack lassen Unternehmen bei ihren Nachhaltigkeitsplanungen gerne unter den Tisch fallen. Sie kehren lieber ihren eigenen Ausstoß unterm Teppich hervor – und den in der Lieferkette darunter. Die Zahl solcher Ankündigungen habe sich alleine 2020 verdoppelt, melden das Weltwirtschaftsforum (WEF) und das Beratungsunternehmen Boston Consulting Group (BCG). Wie voran es also in Sachen Klimaschutz tatsächlich geht, liegt im Auge des Betrachters.

Nestlé-Emissionen hauptsächlich nicht in der Schweiz

Das Schweizer Unternehmen Nestlé etwa hat laut „Süddeutsche Zeitung“ nur etwa fünf Prozent des CO₂-Fußabdrucks aller Produkte in der eigenen Hand. Daher arbeite der Nahrungsmittelkonzern nach eigenem Bekunden mit Abertausenden Lieferanten und Landwirten zusammen an einer klimaschonenden Lieferkette. Firmen könnten „einen riesigen Einfluss im Kampf gegen den Klimawandel nehmen“, zitiert das Blatt WEF-Geschäftsführer Dominic Waughray, wenn ihre Lieferketten CO₂-neutral würden. Oft diene das dem Klimaschutz mehr, als wenn Unternehmen nur ihren eigenen Ausstoß senken.

Umfrage der Organisation Carbon Disclosure Project

Die Studie basiert auf Angaben von gut 300 Firmen weltweit bei der Organisation Carbon Disclosure Project sowie einer Datenbank der Columbia Universität zur CO₂-Bilanz verschiedener Produkte. Zudem haben die Autoren einige Dutzend Unternehmen und Experten befragt. Die Forscher haben dies in einer Studie anhand von acht großen Branchen durchgerechnet:

  • Transport
  • Bau
  • Nahrung
  • Mode
  • Schnell gehende Waren
  • Elektronik
  • Automotive
  • Dienstleistungen

Sie stünden repräsentativ für gut die Hälfte aller CO₂-Emissionen weltweit. An der Spitze:

  • Nahrungsmittel mit allein einem Viertel des Ausstoßes,
  • Bau und
  • Textilindustrie.

40 Prozent der Lieferketten-Emissionen vermeidbar

Die acht Branchen könnten den Angaben zufolge 40 Prozent ihrer Lieferketten-Emissionen mit Mitteln verhindern, die längst verfügbar sind und weniger als zehn Euro je eingesparter Tonne Treibhausgas kosten. Das sei noch günstig. CO₂-Ausstoßrechte kämen hierzulande teurer. Selbst mit vollständig klimaneutralen Lieferketten müssten Konsumgüter nur um ein bis vier Prozent teurer werden, schätzen die Autoren. Beispielsweise müsste eine CO₂-neutrale Hose nur etwa einen Euro mehr kosten als bislang.

Zu den günstigen Mitteln zählen etwa:

  • mehr recycelte Materialien, statt beispielsweise immer neues Plastik herzustellen,
  • effizientere Prozesse, die weniger Energie benötigen,
  • mehr Ökostrom erzeugen oder einkaufen.

Neue Technik verbilligt erneuerbare Energie

Diese erneuerbare Energie werde weltweit immer günstiger. Die Technik entwickele sich fort. Alleine mit diesen Hebeln könnte beispielsweise die Textilindustrie 70 Prozent ihrer CO₂-Emissionen verhindern, schätzen die Autoren. Die Branche unterhält viele Fabriken in asiatischen Staaten, die bislang vor allem Kohle verstromen.

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)