Unternehmer befürchten Auswirkungen des Corona-Virus
China-Virus und kein Ende. Am Coronavirus sind in China mehr als 1000 Menschen gestorben. Die Wirtschaft hält die Berichterstattung teilweise für überzogen, verkennt die Auswirkungen auf die Supply Chain aber nicht. Die Firma Hanya ruft zu Sammelaktion von Atemschutzmaterial auf.

Über 42.000 Infizierungen auf chinesischem Festland
Das Coronavirus hat in China inzwischen mehr als 1000 Menschen das Leben gekostet. Das berichtet u.a. die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf das Bundesgesundheitsministerium. Binnen 24 Stunden zähle man demnach 108 weitere Todesfälle. Damit stieg die Zahl der Toten auf insgesamt 1016.
Sie übertraf bei weitem jene des Sars-Ausbruchs der Jahre 2002 und 2003. Derweil sei die Zahl neuer Infektionen etwas zurückgegangen. Landesweit wurden rund 2.500 weitere Erkrankungen gemeldet, die Gesamtzahl der nachgewiesenen Infektionen auf dem chinesischen Festland ist auf 42.638 gestiegen.
Kreditanträge über mindestens 8,2 Milliarden Dollar
Mehr als 300 chinesische Unternehmen hätten Agenturberichten zufolge Kredite in Höhe von mindestens 8,2 Milliarden Dollar beantragt, um die wirtschaftlichen Auswirkungen des Virus abzumildern. Die Ferien anlässlich des chinesischen Frühlingsfestes und der Anfänge der Epidemie hatte die Regierung zwangsverlängert.
Nun begännen viele Städte langsam damit, die Arbeit wieder aufzunehmen. In Peking und Shanghai blieben U-Bahnen und andere öffentliche Verkehrsmittel in der Hauptverkehrszeit zu Beginn der Woche ungewöhnlich leer. Das deute darauf hin, dass viele Unternehmen noch immer geschlossen blieben oder ihre Mitarbeiter baten, von zu Hause zu arbeiten.
Resonanz in deutschen Unternehmen
Auch diesseits des Globus bleiben die Folgen der Epidemie nicht ohne Resonanz. Hierzulande bewegen die Wirtschaft Fragen nach der Funktionsfähigkeit der Supply Chain angesichts der Angst der Menschen vor Ansteckung, der von einem Tag auf den anderen unterbrochenen Logistik und Verhinderung persönlicher Treffen von Entscheidern. Um Licht ins Dunkel zu bringen, haben die Einkaufsberater der Kloepfel Group 243 Fach- und Führungskräfte der deutschen Industrie und des deutschen Handels branchenübergreifend in einer Online-Blitzumfrage vom 03.02.2020 bis zum 06.02.2020 befragt.
Die Teilnehmer konnten mehrere Antworten geben und teilten sich in folgende Gruppen auf:
- 81 Prozent von ihnen beliefern wichtige Lieferanten aus China,
- 35 Prozent arbeiten dort mit wichtigen Kunden zusammen,
- 33 Prozent produzieren direkt in China,
- 4 Prozent haben keine Verbindung zum Reich der Mitte.
Medienberichte überzogen
Mit 63 Prozent gab die Mehrheit der befragten Manager und Fachkräfte laut einer Pressemitteilung von Kloepfel an, sie seien froh, über die Medien aufgeklärt zu werden. Immerhin jeder Dritte (37 Prozent) aber findet die aktuelle Berichterstattung völlig überzogen. 58 Prozent hielten die Maßnahmen von Regierungen und Fluggesellschaften zum Schutz vor Ansteckung für sinnvoll. 42 Prozent hingegen für teilweise sinnvoll und teilweise übertrieben. Alle Befragten halten aber grundsätzlich weitere Vorsorge für notwendig. Niemand hielt die Mittel zur Bekämpfung des Coronavirus für unnötig.
Angst vor Produktionsstillstand
Die Mehrheit (42 Prozent) der befragten Unternehmen ist bisher noch nicht von Lieferantenausfällen betroffen. 28 Prozent verzeichnen zwar Ausfälle von Lieferanten, könnten aber kurz- bis mittelfristig alternative Lieferanten aktivieren. 19 Prozent befürchten, dass Lieferengpässe ihre Produktion stilllegen. Unterdessen haben neun Prozent Lieferengpässe, die aber nicht zu einem Produktionsstillstand führen würden. Nur gut zwei Prozent der Teilnehmer ist in keiner Weise von Lieferantenausfällen betroffen.
Projekte unter Mehrkosten verschieben
Die große Mehrheit der Befragten von 42 Prozent berichtet, dass sie Projekte weiterhin wie geplant durchführen können. Allerdings müssten mit knapp 41 Prozent fast genauso viele Projekte verschieben, was sie laut Umfrage viel Geld kostet. Neun Prozent könnten Projektpläne nicht einhalten. Sie befürchten, dass dies sogar die Existenz gefährden könnte. Weitere acht Prozent müssten zwar ein geplantes Projekt terminlich verschieben, jedoch sei dies problemlos.
Marc Kloepfel, CEO von den Einkaufspezialisten der Kloepfel Group: „Anfänglich haben wir viele Anfragen unserer Kunden mit Standorten in China nach Mundschutzmasken bekommen.“Die Lage verbessere sich aber nicht. Deswegen bekäme man in diesen Tagen viele Eilaufträge für weitere Warengruppen. Kloepfel: „Die Firmen fangen an, zu hamstern und füllen ihre Lager vorsorglich auf.“ Dies betreffe neben der produzierenden Industrie auch den Handel stark.
Atemschutzmasken aus Deutschland
Unterdessen hat das vor allem auch in der Verbindung zwischen Deutschland und China tätige internationale Kommunikationsunternehmen Hanya International in Peking einen Aufruf unter deutschen Unternehmen zur Spende von Atemschutzausrüstung gestartet. Den Aufruf richte man an Unternehmen, Betriebe, Organisationen, Institutionen etc., dringend benötigte Atemschutzmasken und Schutzkleidung für die Menschen in China zu schicken. Diesen Aufruf wollen die Initiatoren ausdrücklich nicht als eine Bitte um Geldspenden verstanden wissen. Es gehe um
- Medizinische Atemschutzmasken und -kleidung,
- Schutzbrillen gegen Giftstoffe,
- Generell Atemschutzmasken für den alltäglichen Gebrauch.
Dies sei ein absoluter Notfall. Die gesammelten Gegenstände lasse Hanya in Zusammenarbeit mit der Stadtregierung von Taizhou, Provinz Zhejiang, nach China verschicken und dort an Betroffene verteilen. Dr. Mia Liu, Inhaberin und Geschäftsführerin Hanya International Ltd., Peking, und Leiterin des Institutes „Blauer Rhein“, Qingdao:
„Wir wissen, dass in Deutschland alle Produktionslinien für Schutzmasken ausgelastet sind. Wenn aber irgendwie Bestände an Schutzartikeln in den Betrieben vorhanden sind, wäre es eine große Hilfe, sie den Menschen in China zur Verfügung zu stellen.“Je schneller die Epidemie eingedämmt werden kann, desto eher kann auch die Sicherheit der Supply Chain für Unternehmen in Deutschland wiederhergestellt werden, so Liu.