Steigende Kerosinpreise bringen Germania zum Absturz
Schon wieder eine Luftlinie pleite. Nach der Insolvenz von Air Berlin, Niki oder Air Italia 2017 trifft es jetzt den deutschen Billigflieger Germania. Eine der Begründungen für das Aus: Die Einkäufer der Airlines müssen immer tiefer in die Tasche greifen, um die teuren Kerosinpreise zu bezahlen.

Schluss mit Lustig
Anfang Februar war Schluss. In der Nacht vom 4. auf den 5. Februar 2019 stellten die Germania Fluggesellschaft mbH und ihr Schwesterunternehmen für technische Dienstleistungen, die Germania Technik Brandenburg GmbH, sowie die Germania Flugdienste GmbH beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Antrag auf Insolvenz. Als Grund dafür wurden unter anderem gestiegene Kerosinpreise angegeben.
Die Mitarbeiter der Unternehmen hatte man informiert, heißt es in einer Mitteilung von Germania an die Presse. Die beiden ausländischen Töchter Germania Flug AG, Schweiz, und die Bulgarian Eagle seien von dem Schritt nicht betroffen.
Kerosinpreise zu hoch
Karsten Balke, CEO der Germania Fluggesellschaft mbH, zog dieses Resümee:
„Leider ist es uns schlussendlich nicht gelungen, unsere Finanzierungsbemühungen zur Deckung eines kurzzeitigen Liquiditätsbedarfs erfolgreich zum Abschluss zu bringen.“
Der Liquiditätsbedarf sei vor allem aufgrund nicht vorhersehbarer, massiver Steigerungen der Kerosinpreise entstanden, und zwar über den Sommer 2018, bei gleichzeitiger Abwertung des Euros gegenüber dem US-Dollar. Hinzu gekommen seien erhebliche Verzögerungen bei der Einflottung von Fluggerät sowie eine außergewöhnlich hohe Anzahl technischer Serviceleistungen an der Flotte.
Ökonomische Turbulenzen
In der Tat wird die europäische Luftfahrt derzeit von ökonomischen Turbulenzen durchgeschüttelt, wie Statista auf Basis von Daten der IATA meldet. In den vergangenen Monaten hat demnach bereits eine Vielzahl kleinerer europäischer Airlines Insolvenz angemeldet oder ihren Betrieb eingestellt. Dazu gehören:
- Skywork Airlines (Schweiz)
- VLM Airlines (Belgien)
- Small Planet (Litauen)
- Azur Air (Deutschland)
- Cobalt (Zypern)
- die dänisch-lettische Primera Air
Grund dafür seien hauptsächlich die zuletzt wieder gestiegenen Treibstoffkosten. Wie die Infografik zeigt, mussten die Airlines seit 2017 wieder deutlich mehr für Treibstoff ausgeben, und das bei steigendem Verbrauch – jedoch immer noch nicht so viel wie in den Jahren 2012 bis 2014.
Die Luftfahrtbranche hat überdies mit überlasteten Flughäfen und verspäteten Auslieferungen bestellter Maschinen zu kämpfen.

Der Treibstoff-Hammer 2018
Bereits Mitte 2018 war der Ölpreis rasant angestiegen. Das Luftfahrt-Portal „Aero Telegraph“ hatte schon damals vorausgesehen, dass dies einige Fluggesellschaften in Bedrängnis bringen könnte. Weiter wurde auf dem Portal prognostiziert, dass die Erwartung der Internationalen Luftverkehrs-Vereinigung Iata vom Dezember 2017 auf 38,6 Milliarden Dollar Gewinn aller Fluggesellschaften der Welt 2018 noch grundlegend geändert werden müsste.
Dieser einstigen Voraussage hatten die Iata-Ökonomen noch einen Ölpreis von 60 Dollar zugrunde gelegt. Mitte 2018, als der Bericht auf „aero Telegraph“ erschien, kostete ein Fass der Nordsee-Sorte Brent aber wieder über 75 Dollar. Alleine seit Anfang 2018 wurde der Rohstoff damit fast um ein Fünftel teurer – damals getrieben von der politischen Unsicherheit im Nahen Osten und in Venezuela, wo wichtige Produzenten sitzen. Zudem sei bis dahin die Nachfrage gestiegen und viele Förderländer hätten die Produktion heruntergefahren.
Die Plattform zitierte damals Experten wie Ryanair-Chef Michael O’Leary mit der Vorhersage, bei anhaltend hohem Ölpreis müssten diverse Fluggesellschaften aufgeben.
„Einige Airlines, die bei 40 Dollar schon nicht mit Gewinn arbeiten konnten, werden wohl bei anhaltend hohen Preisen den Winter kaum überleben“, so der Manager damals auf „Aero Telegraph“.
Negative Auswirkungen der hohen Kerosinpreise auf die Fluggesellschaften
Ein hoher Ölpreis kann doppelt negative Auswirkungen auf die Fluggesellschaften haben:
- Treibstoffausgaben steigen stark an.
In den Jahren 2003 bis 2008 etwa war der Ölpreis von 34 auf 125 Dollar pro Fass gestiegen. Folge laut Iata damals: der Anteil der Treibstoffkosten an den Gesamtkosten der Airlines kletterte von 14 Prozent auf 33 Prozent. - Auswirkungen auf die Nachfrage.
Erreicht der Ölpreis die Marke von 100 Dollar, könnte das nach Ansicht von Experten gravierende Folgen für die Weltwirtschaft haben. Fünf von sechs Rezessionen in den USA seien durch einen raschen Ölpreisanstieg ausgelöst worden.
Vorspiel zur Germania-Dämmerung
Anfang Januar waren laut einem Bericht der Berliner „Morgenpost“ die finanziellen Schwierigkeiten bei Germania bekannt geworden. Der Flugbetrieb war jedoch zunächst planmäßig weitergegangen. Zwischenzeitlich habe das Unternehmen von erfolgreichen Finanzierungsverhandlungen gesprochen. Allerdings sickerte schon damals durch, dass es bei der Auszahlung der Januar-Gehälter an die Mitarbeiter Verzögerungen gebe.
Nach Informationen des „Spiegel“ sollen überdies im Vorfeld der Pleite Vermögenswerte verschoben und neue Ableger gegründet worden sein – womöglich um potenziellen Gläubigern im Insolvenzfall den Zugriff zu erschweren. Dies vermutet das Magazin wohl aufgrund von Unterlagen des für die Germania-Insolvenz zuständigen Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg.
Luftfahrt-Horrorjahr 2017
Als „Horrorjahr“ (stern) für die Luftfahrt gilt das Jahr 2017. Am 15. August 2017 hatte Air Berlin beim Amtsgericht den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Der österreichische Ferienflieger Niki, ein Tochterunternehmen der insolventen Air Berlin, musste ebenfalls Insolvenz beantragen und in der Nacht zum 14. Dezember 2017 den Flugbetrieb einstellen.
Mitten in der Saison meldete dann die 50 Jahre alte Fluggesellschaft Monarch überraschend Insolvenz an und stellte den Flugbetrieb am 2. Oktober ein. In Frankreich musste die neu gegründete Regionalairline Fly Kiss, die sich auf Nebenstrecken ohne viel Konkurrenz spezialisiert hatte, im Mai 2017 wieder aufgeben. Zu schlecht soll die Auslastung gewesen sein.
Darwin Airline mit Sitz am kleinen Flughafen in Lugano wurde aus finanziellen Gründen vom Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt die Betriebserlaubnis zum 28. November 2017 entzogen. Weitere kleinere Unternehmen wie Skywork Airlines, ebenfalls Schweiz, oder Powdair, Irland, segneten das Zeitliche noch vor Ende 2017.
Die italienische Alitalia steht seit längerem am Pleiteabgrund. Ebenso wie bei Air Berlin hatten die arabische Etihad Airways als einer der Hauptaktionäre mit Millionenbeträgen und zusätzlich der italienische Staat mit 300 Millionen Euro die Luftlinie künstlich am Leben erhalten – Exit offen.