05.10.2021

Spanien fordert gemeinsamen Gas-Einkauf der EU

Der Gaspreis steigt und steigt. Was tun, fragt sich da so mancher Regierungschef. Der spanische sieht jetzt einen Ausweg aus der Misere in einer Vereinheitlichung des Einkaufs in der Europäischen Union. Kritiker verweisen auf Blockeinkauf bei Covid19. Der klappte weniger gut.

Gas-Einkauf der EU

Verbesserungspotential der EU bei Blockeinkauf

Bei Blockeinkauf hat die EU bislang noch einiges Verbesserungspotential gezeigt (siehe u.a. unsere Beiträge „COVID-19: Deutschland beschafft Impfstoff nicht selbst“ und „Startschwierigkeiten: EU-Einkauf von Covid-19-Impfstoff“). Das schreckt einige Staaten nicht davon ab, angesichts steigender Gaspreise gemeinsam als Block in der EU mit den Lieferanten zu verhandeln – Devise: aus Fehlern kann man nur lernen.

Der spanische Regierungschef Pedro Sánchez hat der EU vorgeschlagen, durch gemeinsamen Einkauf und eine „strategische Gasreserve in Europa“ die Verhandlungsmacht aller EU-Staaten zu verbessern, wie ihn der „Spiegel“ von einem Wirtschaftsforum in Pontevedra im Nordwesten Spaniens zitiert. Die steigenden Energiepreise seien ein EU-weites Problem.

Weltmarktpreise für Erdgas

Die Weltmarktpreise für Erdgas sind in den vergangenen Wochen gestiegen und in der Folge in zahlreichen Ländern auch die Strompreise. Betroffen sind dem Nachrichtenmagazin zufolge besonders:

  • Spanien,
  • Italien und
  • Frankreich.

Als Ursache dafür nennt der Bericht:

  • wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Pandemie,
  • Wartungsprobleme in der Förder- und Pipeline-Infrastruktur
  • steigender Energiebedarf in Asien.

Gaspreise im freien Fall

Seit Jahresbeginn hat sich laut „Tagesschau“ der Gaspreis im Großhandel mehr als verdreifacht. Im ersten Halbjahr hätten demnach Privathaushalte für Strom und Gas jeweils 4,7 Prozent mehr bezahlt als im zweiten Halbjahr 2020. Erdgas kostete Verbraucher zwischen Januar und Juni im Schnitt 6,41 Cent pro Kilowattstunde. An den Spotmärkten habe sich der Preis in diesem Jahr mehr als verdreifacht. Im Großhandel koste Gas teilweise mehr als 70 Euro pro Megawattstunde.

In der Corona-Krise lag der Preis zeitweise noch bei fünf Euro. Besonders treffe die Gaskrise Großbritannien. Dort drohten Versorgungsengpässe. Bereits neun Anbieter gingen pleite. 1,5 Millionen Briten müssten neue, teurere Verträge abschließen.

Spanien und Frankreich deckeln Gaspreise

Die spanische Regierung habe bereits die Mehrwertsteuer auf Strom vorübergehend gesenkt. Sie wolle damit die sozialen Auswirkungen abfedern. Die EU-Kommission habe ihre Zustimmung angekündigt. Die steigenden Gaspreise ständen auf der Tagesordnung des nächsten Eurogipfels der Staats- und Regierungschefs am 21. und 22. Oktober.

Auch Frankreich wolle die Preise für Strom und Gas bis April deckeln. Hier sei der Gaspreis seit Januar um 57 Prozent angestiegen. Es werde keine weitere Erhöhung des Gaspreises mehr geben, so laut dem Blatt Jean Castex. Anbieter, die Gas unter Einkaufspreis abgeben müssten, verspricht der Premierminister staatliche Hilfen.

Ganz so dramatisch wie auf der britischen Insel sieht die „Tagesschau“ die Entwicklung in Deutschland nicht, wenngleich auch hierzulande sich der Gaspreis verteuert habe. Als erster Gasversorger habe die Deutsche Energiepool (DEP) den Gasvertrieb eingestellt.

Anteile des Gaspreises

Folgende Faktoren bestimmen den Gaspreis:

  • Beschaffungskosten,
  • Entgelte für die Netznutzung
  • Steuern und
  • Abgaben.

2020 machten die Beschaffungskosten 41 Prozent des Gaspreises aus, führt die „Tagesschau“ aus und beruft sich auf den Bundesverband der Gas- und Wasserwirtschaft (BDEW). Der Rest entfiel demnach zu 33 bis 35 Prozent auf Steuern und Abgaben sowie zu 24 bis 26 Prozent die Netzentgelte. Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt kämen in einem gemeinsamen Monitoringbericht 2020 auf Anteile:

  • der Beschaffungskosten im vergangenen Jahr von gut 49 Prozent des Gesamtpreises,
  • der Steuern 24,6 Prozent
  • der Netzentgelte 23,3 Prozent
  • zuzüglich kleiner Anteile für die Kosten von Messungen/Messstellen und
  • für die Konzessionsabgabe.

Der Gasversorger kassiert so knapp die Hälfte des Gaspreises, den Rest teilen sich öffentliche Hand und Netzbetreiber.

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)