Regierung beschließt Erhöhung der Lkw-Maut
Lange hat man gestritten. Nun hat sich die Regierungskoalition auf ein „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“ geeinigt. Kern: Verkehrsträger Straße soll Verkehrsträger Schiene finanzieren. Die Binnenwasserstraße bleibt weitgehend ausgeschlossen.

Modernisierungspaket für Umwelt- und Verkehrspolitik
Von Bedeutung für die Transportbranche in dem am 29.03.2023 vorgestellten „Modernisierungspaket“ des Koalitionsausschusses für die künftige Umwelt- und Verkehrspolitik der Bundesregierung sind:
- mehr Tempo bei Infrastrukturprojekten auf Schiene und Straße,
- mehr Geld für Schiene als für Straße,
- höherer CO2-Aufschlag und damit höhere Lkw-Maut.
Zur Zukunft der Binnenschifffahrt findet sich in dem Papier lediglich ein Halbsatz im Zusammenhang mit Landstromanlagen, die die Regierung aber auch nur in den großen Seehäfen Hamburg und Bremen sowie am Rhein fördern will. Die FDP verweist hier wenigstens auf die Beschleunigungskommission Rhein des Verkehrsministeriums. Sie solle dafür sorgen, dass die wichtigste und verkehrsreichste Binnenschifffahrtsstraße Europas auch bei Niedrigwasser in Zukunft besser schiffbar bleibt. Kein Wort dazu, wie man sich das vorstellt. Dabei gilt die Binnenwasserstraße auch über den Rhein hinaus als die umweltfreundlichste Alternative für rund ein Drittel aller Gütertransportverlagerungen von der Straße weg.
Klimaneutrale Lkw fördern
Mit dem Schwerpunkt, klimaneutrale Lkw zu fördern, hat man schon jetzt die Transportbranche gegen sich aufgebracht. Zum 1. Januar 2024 soll eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut hier einen Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2 mit sich bringen. Emissionsfreie Lkw will die Regierung bis Ende 2025 von der Infrastrukturgebühr befreien, anschließend lediglich 25 Prozent des regulären Satzes erheben. Gleichzeitig will sie Ladenetzte für wasserstoff- und elektrobetriebene Lkw ausbauen. Darüber hinaus sieht das Regierungsprogramm folgende Maßnahmen für den Antriebswechsel Lkw und schwere Nutzfahrzeuge vor:
- Lkw-Maut ab 3,5 Tonnen: Die Lkw-Mautpflichtgrenze wird zum 1. Januar 2024 abgesenkt. Grundsätzlich zahlen alle Nutzfahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtmasse schnellstmöglich die Maut, ausgenommen solche von Handwerksbetrieben.
- Infrastruktur-Grundnetze für batterieelektrische und Wasserstoff-Lkw: Der Aufbau eines anfänglichen Netzes an Ladeinfrastruktur und Wasserstofftankinfrastruktur für schwere Lkw bis 2025 sei sichergestellt. Die Ausschreibungen beginnen ab dritten Quartal 2023. Für batterieelektrische LKW soll ein bedarfsgerechtes Grundnetz entlang der Bundesautobahnen entstehen.
- Infrastruktur an Depots, Betriebshöfen, Hubs: Für elektrisch betriebene schwere Nutzfahrzeuge will die Regierung den Aufbau von Lkw-Ladeinfrastruktur sowie von Wasserstofftankinfrastruktur für Nutzfahrzeuge an Depots, Betriebshöfen und weiteren Hubs in logistischen Ketten unterstützen.
- Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR): Die Bundesregierung will sich ehrgeizig für die Infrastruktur schwerer Nutzfahrzeuge auf europäischer Ebene einsetzen. Mit der Europäischen Kommission will man unter anderem verbindliche Ausbauziele für den Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge festgelegen.
- Novelle Flottengrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge (Lkw): Bei der Überarbeitung der CO2-Flottenzielwerte für schwere Nutzfahrzeuge will sich die Regierung für Reduktionsziele 2030 und 2035 einsetzen, je nach den Klimazielen, der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit.
- Umweltbonus Lkw: Die Förderung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben und dazugehöriger Tank- und Ladeinfrastruktur will das Papier der Koalition bis 2028 verlängern. Künftig will man auch den Aufbau von Lkw-Tank- und Ladeinfrastruktur fördern.
- Emissionsfreie Busse und öffentliche Fuhrparks: Die Vorgaben des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungsgesetzes will die Regierung dahingehend ändern, dass öffentliche Aufträge ab 2030 nur an bilanziell emissionsfreie Fahrzeuge und insbesondere Nahverkehrsbusse gehen dürfen, ausgenommen Sonderfahrzeuge. Die bestehende Förderung klimaneutraler Busse einschließlich Infrastrukturen gilt bis 2028 weiter.
- Förderung Sonderfahrzeuge: Das „Sonderprogramm Sonderverkehre“ soll die erforderliche Unterstützung zur Marktvorbereitung und des Markthochlaufs im Bereich der Sonderverkehre und für Sonderfahrzeuge flankieren.
- Förderung Effizienzmaßnahmen Trailer: Das „Flottenerneuerungsprogramm für schwere Nutzfahrzeuge“ wird als reine Komponentenförderung ausgestaltet. Anschaffung von CO2-senkender Zusatzausstattung neuer Anhänger und Auflieger wolle man bezuschussen. Damit könnten Effizienzreserven freigesetzt und der Energieverbrauch gemindert werden.
- Stärkung Innovationscluster: Im Zusammenspiel von Fahrzeugen und Infrastruktur auf längeren Korridoren will man Projekte zur technologieübergreifenden Erprobung alternativer Antriebstechnologien fortführen wie:
- batterieelektrisch mit stationärem und dynamischem Laden,
- Wasserstoff-Brennstoffzelle
Klimaneutralität im Verkehr
Für die Erreichung von Klimaneutralität im Verkehr spielen klimafreundliche Kraftstoffe (insbesondere E-Fuels) eine wichtige Rolle. Ein Hochlauf der Produktion und Nutzung wird daher bereits kurzfristig angereizt. Dafür werden rechtliche und administrative Regelungen, die aktuell einer Ausweitung der Nutzung entgegenstehen, beseitigt. E-Fuels können zukünftig an Tankstellen verkauft werden. Zeitgleich wird ausgeschlossen, dass paraffinische Reinkraftstoffe aus fossilen Quellen oder kritischen biogenen Rohstoffen unbeabsichtigt gefördert werden.
Forschung für die technische Weiterentwicklung
Die Forschung für die technische Weiterentwicklung und Massenproduktion von E-Fuels wird gefördert. Die Bedeutung als auch das Potenzial zur Herstellung aus Erneuerbaren in industriellem Maßstab von E-Fuels für den Klimaschutz ist außerhalb Europas – insbesondere in Afrika und Südamerika – nochmals größer. Daher werden Projekte zur Förderung der E-Fuels Infrastruktur ausgebaut. Es soll E-Fuel-Partnerschaften geben, um den schnellstmöglichen Hochlauf der E-Fuels-Produktion aus Erneuerbaren in Partnerländern sowohl für die Eigennutzung als auch für den Export nach Europa zu ermöglichen.
Verdoppelung der Lkw-Maut
Die Anrechnung eines maximalen CO2-Preises in Höhe von 200 Euro pro Tonnen soll nach Berechnungen des Bundesverbandes Spedition und Logistik (DSLV) die Lkw-Maut auch zur milliardenschweren Finanzierung der Schiene im kommenden Jahr nahezu verdoppeln – dem gesetzlich höchstmöglichen Plus der Maut. Das führe zu einem erheblichen Anstieg der Frachtraten im Straßengüterverkehr. Diesen wälze man am Markt in den Lieferketten auf Industrie, Handel und am Ende auf die Verbraucher über, zitiert „trans.info“ den Verband.
Anlässlich der Ergebnisse des Koalitionsausschusses der Ampelkoalition erklärt BGL-Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt zu den Auswirkungen dieses Beschlusses auf den Güterverkehrs- und Logistiksektor:
„Habeck & Co sollten sich überlegen, ob sie sich ihre Rhabarber-Schorle künftig nicht besser mit der Bahn vor die Haustür liefern lassen! Denn die vom Koalitionsausschuss beschlossene Verdoppelung der Lkw-Maut ab 2024 ist politisches Harakiri! Ohne am Markt verfügbare Alternativen zum Diesel-Lkw und ohne Ladeinfrastruktur fehlt jedwede Lenkungswirkung zugunsten des Klimaschutzes. Damit belastet die Ampel nur den Endverbraucher, ohne es ehrlich dazu zu sagen!“
Wünsch-Dir-Was aus dem grünen Elfenbeinturm
Wenn diese Milliarden Mehreinnahmen dann auch noch hauptsächlich in die Schiene fließen sollen, obwohl Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer jeden Abend verzweifelt freie Stellplätze suchen, frage man sich, so Engelhardt, ob Teile der Koalition überhaupt verstanden hätten, wer Deutschland bewege. Man habe die jüngste Verkehrsprognose von Verkehrsminister Wissing „offenbar einfach ignoriert“.
Engelhardt: „Das ist Wünsch-Dir-Was-Politik aus dem grünen Elfenbeinturm und hat nichts mehr mit der Realität zu tun!“ Redaktionsnetzwerk Deutschland zitiert
Engelhardt: „Wir reden hier von einer gigantischen Kostenerhöhung über Nacht, die kein Transportunternehmen aus der Portokasse bezahlen oder irgendwie intern wegdrücken kann.“Das sei in einer Branche mit bestenfalls einem bis drei Prozent Umsatzrendite ein hoffnungsloses Unterfangen. Zurzeit sei man im Fernverkehr bei einem Mautkostenanteil von etwa zehn Prozent, der sich über Nacht zu Neujahr 2024 auf rund 20 Prozent verdoppeln dürfte. „Die meisten Transportunternehmen müssen die doppelte Maut auf die Frachtpreise umlegen, wenn sie selbst überleben wollen, sodass es am Ende die Verbraucher trifft“, so Engelhardt.
Einige mittelständische Auftraggeber, wie zum Beispiel kleine Kies- oder Betonwerke, würden es schwer haben, diese hohen Kosten aufzubringen. Es könne zu Insolvenzen kommen. Transportunternehmen würden dann ihren Auftraggeber verlieren und unter Umständen ebenfalls in den Insolvenzsog hineingezogen.
Modernisierung des Schienennetzes
Die Bundesregierung will eigenen Angaben zufolge die Modernisierung des Schienennetzes und den notwendigen Kapazitätsausbau für den Personen- und Güterverkehr beschleunigen und damit die Umsetzung des Deutschlandtaktes voranbringen. Die Kapazitäten für den kombinierten Verkehr will sie modernisieren und aus-weiten. Die Deutsche Bahn benötige zur Deckung des Investitionsbedarfs bis zum Jahre 2027 rund 45 Milliarden Euro. Dieser Investitionsbedarf soll soweit wie finanziell darstellbar, u.a. durch den Einsatz von anteiligen Einnahmen aus dem CO2-Zuschlag der Lkw-Maut, gedeckt, die ganz überwiegend für Investitionen für die Schiene genutzt werden. Der Schienengüterverkehr soll bis 2030 einen Marktanteil von 25 Prozent erreichen. Dazu will die Regierung
- die anteilige Förderung der Trassenpreise im Schienengüterverkehr fortsetzen,
- die Anreize für Investitionen aus dem Sektor in die Erprobung sowie
- die Markteinführung von Innovationen im Bereich Digitalisierung, Automatisierung und Fahrzeugtechnik im Schienengüterverkehr verstärken und
- eine dem Einzelwagenverkehr bei der Anlagenpreisförderung bei den Kosten für die Nutzung von Zugbildungsanlagen stärker berücksichtigen.
Ergänzend zu den beschlossenen Maßnahmen zur Digitalisierung der Schiene soll:
- das Ausrollen des digitalen Kapazitätsmanagements die Nutzung der Kapazität und Infrastruktur des Bundes wesentlich steigern,
- die ETCS-Fahrzeugausrüstung über das laufende Modellvorhaben im „Digitalen Knoten Stuttgart“ des Starterpakets Digitale Schiene Deutschland (DSD) ausgeweitet und
- die Technologien des Digitalen Bahnsystems (DBS) eingeführt werden.