07.02.2019

Logistik-Roboter: Bald Hauptdarsteller im Warenballett?

Wer mit dem Regal tanzt … bei Logistikunternehmen wie Amazon oder DHL übernimmt dies mittlerweile Kollege Roboter. Er nutzt Platz besser, lagert Ware enger, ermöglicht Mitarbeitern kürzere Wege. Rund 115.000 Logistik-Roboter wurden 2018 verkauft. Es könnten schnell mehr werden.

Der technologische Wandel erfasst rasant die gesamte Logistik-Industrie.

Wenn der Logistik-Roboter wuselt

Wuselnde Logistik-Roboter bieten im Amazon-Logistikzentrum Winsen bei Hamburg das Bild eines Baletts. So ein Beobachter der Nachrichtenagentur Reuters. Die Maschinenmenschen bringen ganze Regale zu den Mitarbeitern. Durch den Einsatz der Roboter könne man vorhandenen Platz besser nutzen, zitiert die Meldung einen Amazon-Sprecher. Mit einer Reihe von Vorteilen für die Logistiker des Online-Händlers:

  • Engere Lagerung von Ware,
  • mehr Auswahl auf weniger Platz,
  • kürzere Laufwege für die Mitarbeiter.

Den Wandel bei dem US-Online-Riesen beschreibt der Bericht nur als Beispiel für den Einsatz von Robotern in Logistiklagern. Der technologische Wandel erfasse gerade rasant die gesamte Logistik-Industrie. Reuters beruft sich dabei auf Zahlen des Branchendienstes IFR. Danach habe die Branche 2017 rund 69.000 Logistik-Roboter verkauft, 2018 sollen es schon 115.000 Maschinen gewesen sein. Bis 2021 seien Steigerungsraten von 40 Prozent pro Jahr zu erwarten.

Roboter keine Gefahr für menschliche Mitarbeiter

Befürchtungen, Logistik-Roboter könnten menschliche Mitarbeiter von den Arbeitsplätzen verdrängen, bestünden derzeit nicht. Die Roboter seien bei vielen Tätigkeiten noch weit davon entfernt, Menschen zu ersetzen. Vielmehr steigere durch ihren Einsatz die Produktivität bereits. Und das sei auch nötig. Immer mehr Deutsche bestellten im Internet und ließen sich den Einkauf liefern. Viele Unternehmen aus der Industrie überlassen ihre Lager Logistikern.

„Der anhaltende E-Commerce-Boom macht hohe Investitionen in die Logistiknetzwerke nötig, weil Kunden verstärkt erwarten, dass die Ware innerhalb eines Tages oder sogar taggleich geliefert wird“
kommt Tom Riley, Portfoliomanager bei der Fondsgesellschaft AXA IM in der Reuters-Meldung zu Wort. Dadurch wie auch durch zunehmende Retouren werde der Vertrieb komplizierter.

Logistik unter Druck

Die Logistik steht weltweit angesichts rasant wachsender Volumina unter Druck, ist der Chef des Münchner Roboter-Herstellers Magazino, Frederik Brantner überzeugt. Er sieht den Mangel an Arbeitskräften auf dem Markt als Auslöser der Entwicklung. Magazino entwickelte den mobilen Roboter „Toru“. Er kann zum Beispiel Schuhkartons in Regale ein- und auslagern und zur Übergabestation bringen. In einem Modellversuch des Online-Modehändlers und Magazino-Teilhaber Zalando in Erfurt sammelt Toru Kartons ein.

Roboter können freilich derzeit bei Zalando nur Hilfen sein. Kleidung in Folie etwa kann der mechanische Kollege nicht greifen. Die Kombination aus Mensch und Maschine stuft Zalando-Logistikchef Carl-Friedrich zu Knyphausen auch in den nächsten Jahren als unschlagbar ein. Die vollkommen menschenleere Lagerhalle werde es „nie geben“, so Brantner.

DHL macht’s vor

Beim Logistikriesen DHL ist die Zeit der Modellversuche schon vorbei. Die Roboter hier sind laut dem Reuters-Bericht in den Lagerhallen auf dem Vormarsch. Das Unternehmen arbeite mit verschiedenen Technologien, von Datenbrillen über SmartWatches bis hin zu kollaborativen Robotern. Auch hier sieht man die menschenleere Lagerhalle nicht. Mensch und Maschine arbeiteten zusammen. Aufgabe der Roboter ist die Erledigung sehr eintöniger Tätigkeiten, sie unterstützen die Mitarbeiter, wie auch Patrick Schwarzkopf findet, Experte des Maschinenbau-Verbands VDMA.

Mehrzahl der Lager manuell

Bei DHL fahren Roboter ganze Regale durch die Lager, Mitarbeiter entnehmen Waren und machen sie versandfertig. Heute seien bei DHL wie der ganzen Industrie etwa 80 Prozent der Lager noch komplett manuell. In spätestens fünf Jahren würden aber weltweit rund 80 Prozent der Lager digital unterstützt sein. Auch Arbeitnehmern treibe der Kollege Roboter zumindest bislang keine Sorgenfalten auf die Stirn.

„Wo schwere Arbeit durch Roboter abgenommen wird, ist das gut“
sagt Thomas Koczelnik, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats der Deutschen Post, der Nachrichtenagentur. Bislang habe man noch keine Arbeitsplatzverluste feststellen müssen. „Aber die Befürchtung ist da“, so Koczelnik.

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)