Global Gateway: Antwort der EU auf Chinas Seidenstraße
Konkurrenz belebt das Geschäft – ein Indiz für eine Geschäftsidee. So gesehen, haben die Chinesen einen Punkt mit ihrer Seidenstraße. Ihr antwortet die EU mit einer eigenen Initiative zum Bau von Infrastruktur in Schwellenländern. Europas Firmen dürfen auf lukrative Aufträge hoffen.

Infrastruktur für Schwellen- und Entwicklungsländern
300 Milliarden Euro will die EU zwischen 2021 und 2027 in den Bau von moderner Infrastruktur in Schwellen- und Entwicklungsländern stecken. Das berichtet das „Handelsblatt“. Das Vorhaben unter dem Titel „Global Gateway“ gilt als Schlüsselinitiative der EU im Systemwettbewerb mit China. Vorangegangenen waren jahrelanger Beratungen der Kommission mit den Mitgliedsstaaten. Die Summe ist dem Bericht zufolge deutlich höher als bis zuletzt geplant und ein Zeichen dafür, wie wichtig das Vorhaben EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ist. Erklärtes Ziel der Kommission sei es, Europas politischen und ökonomischen Einfluss weltweit zu stärken. Europäische Unternehmen dürfen auf lukrative Aufträge hoffen.
Global Gateway: geopolitische Selbstbehauptung
Den „Global Gateway“ will die EU als ein Instrument zu ihrer geopolitischen Selbstbehauptung ausbauen. Konzipiert habe sie es mit Blick auf die Rivalität mit autoritären Systemen. „Starke Demokratien, und die Werte, die sie untermauern, müssen eine Antwort auf die heutigen globalen Herausforderungen geben“, zitiert das Blatt die EU. Eine der wichtigsten dieser Herausforderungen sei der dringende Bedarf an moderner Infrastruktur wie:
- Zugstrecken
- Straßen
- Stromtrassen
- Glasfaserkabel.
Weltweite Investitionslücke wegen Anpassungen an Klimawandel
Vor dem Hintergrund der nötigen Anpassungen an den Klimawandel sieht die EU eine weltweite Investitionslücke von 1,3 Billionen Euro pro Jahr. Für das Projekt will die EU verschiedene Programme aus ihrem Haushalt anzapfen und hebeln, unter anderem mit Hilfe der Europäischen Investitionsbank. Die EU sieht folgende Planungen vor:
- 135 Milliarden Euro über den Europäischen Fonds für nachhaltige Investitionen (EFSD+)
- 25 Milliarden Euro über die Europäische Investitionsbank
- 18 Milliarden Euro in Form von Zuschüssen aus dem Entwicklungsbudget der EU.
- 145 Milliarden Euro über Europäische Finanz- und Entwicklungsinstitutionen wie
- die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau,
- die französische Entwicklungsagentur Agence Française de Développement, AFD) und
- die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.
Beteiligung privater Geldgeber
Durch die Beteiligung privater Geldgeber oder weiterer öffentlicher Institutionen soll die Summe, die am Ende tatsächlich für Projekte zur Verfügung steht, noch höher ausfallen. „Global Gateway hat das Potenzial, die EU zu einem wirkungsvollen geopolitischen Akteur zu machen“, zitiert das Blatt den deutschen EU-Botschafter Michael Clauss. Das Angebot werde „für viele Partnerländer eine attraktive Alternative zur chinesischen Seidenstraße sein“.
Die deutsche Wirtschaft hofft auf lukrative Aufträge. Für alle europäischen Firmen, die in der Infrastrukturbranche tätig sind, sei Global Gateway eine gute Nachricht, sagt Frank Kehlenbach, der beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie den Bereich Europa und Auslandsbau leitet.
„Viel zu lange hat sich die EU gescheut, ein Problem für den Infrastrukturausbau außerhalb Europas aufzulegen“, so Kehlenbach.
Paket zweiter Anlauf
Ursprünglich hatte die EU die Strategie schon im November vorlegen wollen. Doch der damalige Entwurf mit einem Volumen von gerade einmal 40 Milliarden Euro blieb weit hinter den Erwartungen zurück, die von der Leyen zuvor geweckt hatte. Der Entwurfstext führte weder konkrete Projekte auf, noch formulierte er klare Prioritäten. Den Systemkonflikt mit China deutete er nur an. Nachdem das „Handelsblatt“ über den erste Anlauf berichtet hatte, intervenierte von der Leyens Kabinettschef Björn Seibert. Er sagte die geplante Veröffentlichung ab und verlangte umfangreiche Änderungen.