Corona: Welthandel will Lebensmittel-Lieferketten gewährleisten
Wichtige Arzneien, Schutzmasken – das Covid19-Virus greift nicht nur im Menschen selbst, sondern bereits im Nachschub wichtiger medizinischer Produkte an. Ähnliches könnte auch den Lieferketten für Lebensmittel passieren. Das jedoch wollen EU und der Welthandel nun verhindern.

EU und WTO-Mitglieder unterzeichnen Corona-Erklärung
22 Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) bekennen sich zu offenem planbaren Handel mit Agrar- und Lebensmittelprodukten – auch während der Coronakrise. Eine entsprechende Erklärung haben jetzt Australien, Brasilien, Kanada, Chile, EU, Kolumbien, Costa Rica, Hongkong, Japan, Süd-Korea, Malawi, Mexiko, Neuseeland, Paraguay, Peru, Katar, Singapur, Schweiz, Taiwan, Penghu, Kinmen und Matsu, Ukraine, USA und Uruguay unterzeichnet.
Die Staaten haben laut einer Mitteilung der EU-Kommission sich verpflichtet, die Lieferketten hierfür aufrechtzuerhalten mit:
- gut funktionierender globaler Agrar- und Lebensmittelversorgungskette,
- Vermeidung von Maßnahmen mit potenziell negativen Auswirkungen auf Ernährungssicherheit, Ernährung und Gesundheit anderer Mitglieder der WTO und ihrer Bevölkerung.
Notfallmaßnahmen für Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft
Laut der Erklärung vom 27.04.2020 stellen die Unterzeichner folgende weitere Forderungen für Notfallmaßnahmen im Zusammenhang mit Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft auf. Demnach müssen sie sein:
- zielgerichtet
- verhältnismäßig
- transparent
- zeitlich begrenzt
- mit den WTO-Regeln vereinbar
Die Maßnahmen sollten zudem den internationalen Handel mit diesen Produkten nicht verzerren oder zu ungerechtfertigten Handelshemmnissen führen. Die Unterzeichner der Erklärung ermutigen die WTO-Mitglieder, vorübergehende Lösungen zur Erleichterung des Handels zu schaffen. Sie wollen in einen Dialog eintreten, um die Abwehrbereitschaft und Reaktionsfähigkeit auf Pandemien zu verbessern, auch durch multilaterale Zusammenarbeit.
Die EU und die WTO
Die EU hat seit dem Zweiten Weltkrieg eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des internationalen Handelssystems gespielt. Derzeit ergründet die EU die Möglichkeiten, die WTO zu modernisieren. Wie schon die WTO und ihre Vorgängerorganisation General Agreement on Trades and Tarifs (GATT) war die EU ursprünglich darauf ausgelegt, Zollschranken abzubauen und den Handel zwischen ihren Mitgliedstaaten zu fördern.
Der EU-Binnenmarkt war teilweise an die Grundsätze und Verfahren des GATT angelehnt. Die Union sieht sich gerne als ein Hauptförderer eines rechtsstaatlichen internationalen Handels. Dank einem solchen System erhielten Unternehmen aus der EU einen fairen Zugang zu ausländischen Märkten. Das wiederum trage zum Wirtschaftswachstum innerhalb der EU und in Drittstaaten bei.
EU zuständig für gemeinsame Handelspolitik ihrer Mitglieder
Die gemeinsame Handelspolitik der EU ist einer der Bereiche, in denen die Union als solche uneingeschränkt und ausschließlich zuständig ist. Die EU tritt innerhalb der WTO als ein einziger Akteur auf. Kommission und die Mitgliedstaaten vertreten sie dort.
Im Namen aller 28 Mitgliedstaaten handelt die Kommission Handelsabkommen aus und vertritt die Interessen der EU vor dem WTO-Streitbeilegungsgremium. Die Kommission hält regelmäßig Rücksprache mit dem Rat und dem Parlament und erstattet ihnen regelmäßig Bericht über die Inhalte und Strategien für die multilateralen Gespräche. Dem Vertrag von Lissabon zufolge sind der Rat und das Parlament gemeinsam Gesetzgeber und haben in Angelegenheiten des internationalen Handels das gleiche Mitspracherecht.
Förderung multilateraler Handelsverhandlungen
Die EU rühmt sich außerdem ihres Einsatze bei der WTO für die Förderung eines multilateralen Rahmens für Handelsverhandlungen, mit dem bilaterale Verhandlungen ergänzt werden sollen. Seit 2001 führen die WTO-Mitglieder multilaterale Handelsverhandlungen in breit angelegter Runde, bekannt als Doha-Runde oder Doha-Entwicklungsagenda (Doha Development Agenda, DDA).
Das Hauptziel dieser Handelsverhandlungen besteht darin, die Entwicklung in den Mittelpunkt des Welthandelssystems zu rücken. Zu den Zielen dieser Runde gehört, den Entwicklungsländern eine größere Rolle einzuräumen, ihre Möglichkeiten, vom internationalen Handel zu profitieren, zu erweitern und sie bei der Armutsbekämpfung zu unterstützen. Allerdings ist diese Runde zu einem Stillstand gekommen. Dies und der Umstand, dass andere Handelspartner nun bilaterale Abkommen schließen, haben die EU jedoch veranlasst, ihre langjährige Strategie teilweise zu überdenken und ebenfalls wieder auf regionale und bilaterale Verhandlungen zurückzugreifen.
Pattsituation in der WTO
Außerdem beklagt die EU derzeit eine Pattsituation in der WTO. Sie sieht auch darin ein Zeichen, dass sich das internationale Handelssystem in den letzten 20 Jahren dramatisch verändert habe. Es habe sich weiterentwickelt:
- neue Akteure – vor allem Schwellen- und Entwicklungsländer –, die nun eine zentrale Rolle spielen,
- Liberalisierung des internationalen Handelssystems zum Nutzen einiger Entwicklungsländern, die eine beispiellose Phase nachhaltigen Wirtschaftswachstums erlebten.
Die EU weist darauf hin, dass man über den Verhandlungsansatz der letzten Jahre hinausgehen und innovative Ansätze erproben müsse, die der im Vergleich zu Zöllen gewachsenen Bedeutung von Fragen der Regulierung gerecht werden.