21.10.2022

Wohnraum muss bezahlbar sein

Angesichts eines Bedarfs von mindestens 320.000 neuen Wohnungen pro Jahr ist es dringend erforderlich, dass Bund, Länder, Kommunen und die Wohnungswirtschaft neue Wege finden, um bedarfsgerechte, bezahlbare und klimafreundliche Wohnungen zu schaffen. Besonders gefragt ist dabei das von der Bundesregierung initiierte Bündnis für bezahlbares Wohnen, das gefordert ist, Vorschläge für eine Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive im Wohnungsbau vorzulegen.

Corona-Pandemie

Der DStGB-Ausschuss für Städtebau und Umwelt tagte Ende September unter Vorsitz von Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher, Freising. An der Sitzung nahmen als Gäste Nicole Razavi, MdL, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen des Landes Baden-Württemberg und Vorsitzende der Bauministerkonferenz, sowie Steffen Jäger, Hauptgeschäftsführer und Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, teil. Im Fokus des Treffens stand das Thema „Bezahlbares Bauen und Wohnen“. Ministerin Razavi hob dabei hervor, dass bezahlbarer Wohnraum die soziale Frage unserer Zeit sei, „deshalb müssen wir alles dafür tun, dass der Motor beim Wohnungsbau nicht ausgeht.“

„Um den Bedarf an sozialem Wohnraum zu decken, hat die Bundesregierung die Zielmarke bei 100.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr gesetzt“, wie Tobias Eschenbacher erläuterte. Steigende Baukosten, Materialengpässe sowie Fachkräftemangel führten derzeit allerdings dazu, dass die gesteckten Ziele nur schwer zu erreichen seien. Umso wichtiger sei es, dass die beeinflussbaren Faktoren beim Wohnungsbau, insbesondere in der Baulandmobilisierung, weiter verbessert würden.

Hierzu könnten u.a. die Einführung einer Innenentwicklungsmaßnahme im Baugesetzbuch, ein weiter geschärftes kommunales Vorkaufsrecht, in der Praxis vollziehbare Baugebote oder auch die Etablierung kommunaler Bodenfonds, die durch Bund und Länder unterstützt werden, beitragen. Mit kommunalen Bodenfonds könnten Städte und Gemeinden je nach Bedarf vor Ort steuern, was und wann gebaut werde. Hierauf seien vor allem die strukturell durch Altschulden belasteten Kommunen angewiesen. Als gelungenes Beispiel nannte Eschenbacher den in Baden-Württemberg durch das Land eingerichteten Grundstücksfonds zugunsten finanzschwacher Kommunen. „Derartige Ansätze sollten auch in anderen Ländern umgesetzt werden.“ Auch Ministerin Razavi lobte den Grundstücksfonds Baden-Württemberg als ein bundesweit einmaliges Instrument, mit dem Kommunen, die aus eigenen Mitteln Wohnprojekte nicht hätten realisieren können, unterstützt werden.

Im Südwesten verschärfe sich der seit Jahren bestehende flächendeckende Wohnraummangel. Steffen Jäger sah daher als das Gebot der Stunde eine konsequente Entbürokratisierung, Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren und eine gezielte rechtliche und finanzielle Unterstützung des Wohnungsbaus. Baden-Württemberg sei mit seinem Wohnungsbauprogramm hier einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gegangen. Der Bund und die anderen Länder sollten diesen Weg ebenfalls gehen.

Auch eine einseitige Fokussierung auf den Neubau wäre das falsche Signal, wie Eschenbacher meinte. Bei der Schaffung von Wohnraum müsse der in Deutschland bestehende Leerstand, gerade in ländlichen Regionen, mitberücksichtigt werden. Von Bedeutung sei daher sowohl eine Ankurbelung des Neubaus als auch die Nachverdichtung, der Um- und Aufbau von Bestandsimmobilien sowie die Umnutzung von Leerständen. Aber um die gesteckten Ziele auch zu erreichen, sei eine solide Finanzierung notwendig, also eine Wohnungsbauförderung durch Bund und Länder, wie der Tenor der Lagebesprechung lautete.

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)