22.11.2022

Stadtwerke brauchen Rettungsschirm

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, betonte Anfang November im Gespräch mit der „Passauer Neuen Presse“ (PNP), dass das Treffen des Kanzlers mit den Ministerpräsidenten für die deutschen Städte und Kommunen dieses Mal besonders wichtig gewesen sei, da es klare Entscheidungen brauche, damit die Städte mehr Planungssicherheit erhielten. Es sei wichtig zu wissen, wie viel Geld für die Aufnahme von Geflüchteten und für den öffentlichen Nahverkehr fließe. Besonders in der Energiekrise sei Klarheit für die Stadtwerke notwendig. Der Bund sollte gemeinsam mit den Ländern Stadtwerken, denen die Pleite drohe, mit einem Rettungsschirm absichern. „Wir warten seit Wochen auf eine solche Zusage. Jetzt muss das geklärt werden. Wir brauchen die Kraft der kommunalen Energieversorger, um durch die nächsten Winter zu kommen. Es ist nicht zu verantworten, die Stadtwerke bei den staatlichen Hilfen links liegen zu lassen“, wie Lewe der PNP mitteilte.

Auslagen Verteidiger

Auf die Frage nach der aktuellen Lage in den Städten und Gemeinden erwiderte Lewe, dass die Menschen angesichts der aktuellen Ereignisse stark verunsichert seien. Der russische Angriffskrieg zerstöre ein ganzes Land und zwinge die Menschen in der Ukraine zur Flucht. Die Städte zeigten große Solidarität, aber auch bei ihnen steige der Druck. Erhöhte Strompreise, Inflation und Pandemie sind Anzeichen der komplexen Krise. Die Städte gingen mit all diesen Herausforderungen sehr bedacht um, wie Lewe findet. Wichtig sei aber, dass der Staat in dieser Situation Handlungsfähigkeit beweise: „Die Menschen müssen spüren, dass an dauerhaften Lösungen gearbeitet wird ohne Zuständigkeitsgerangel. Alle Ebenen tragen Verantwortung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Eine große Herausforderung für die Städte liegt in der Aufnahme von Flüchtlingen als humanitäre Verantwortung. Der Präsident des Deutschen Städtetages kann sich nicht vorstellen, dass sich der Bund einer weiteren Mitfinanzierung für die Aufnahme von Flüchtlingen entziehe. Aber Bund und Länder müssten die Städte und Gemeinden bei der Unterbringung stärker unterstützen. Auch 2023 müsse sich der Bund an dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe beteiligen. Außerdem sollte er für ukrainische Geflüchtete die Unterkunftskosten voll übernehmen, so wie das 2015 und 2016 für anerkannte Asylbewerber der Fall war.

Hinsichtlich der Mittel für den Öffentlichen Personennahverkehr setzt Lewe auf ein kluges Miteinander von Bund und Ländern. Die bisherige Zusage des Bundes von 1,5 Milliarden Euro für ein bundesweites ÖPNV-Ticket reiche nicht aus. Der ÖPNV müsse schon lange mit milliardenschweren Finanzlücken kämpfen. Es sei zu wenig, nur auf ein günstiges Ticket für die Verbraucher zu setzen. Es bedarf in vielen Städten umweltfreundlicherer Bussen und Bahnen – auch kürzere Taktzeiten müssten realisiert werden.

Auch die zuletzt prognostizierten 4,9 Prozent mehr Steuereinnahmen für die Kommunen in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr bedeuten nicht, dass sich die finanzielle Lage der Städte verbessern werde. Denn die Inflation wirke dem entgegen und belaste die kommunalen Haushalte enorm. Gerade in den Investitionen für Bauen oder Energie seien die Preissteigerungen schwindelerregend. Neue Belastungen könnten die Städte daher nicht vertragen, da dann Nothaushalte der Ausweg wäre, die wiederum wichtige Projekte wie den Kita- und Schulausbau, die Verkehrswende, dem Ausbau von Bussen und Bahnen, Digitalisierung und Klimaschutz gefährden.

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)