19.12.2018

Wasserpfeife: Rauchen im Sinne der Nichtraucherschutzgesetze?

Das OVG Lüneburg musste tief in die Niederungen der Wissenschaft hinabsteigen, um die Frage beantworten zu können, ob das Benutzen einer Wasserpfeife „Rauchen“ ist (OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.10.2018, Az. 13 ME 107/18).

Nichtraucherschutz Wasserpfeife

Wasserpfeife in der Schankwirtschaft

Ein Gastwirt betreibt eine Schankwirtschaft mit Alkoholausschank. In dem etwa 133 m² großen Gastraum stellt er seinen Gästen gegen Bezahlung auch Wasserpfeifen (Shishas) und dafür geeigneten Tabak zum Gebrauch zur Verfügung.

Verwendung von Tabak in Wasserpfeife wegen Nichtraucherschutz untersagt

Die Ordnungsbehörde untersagte dem Gastwirt die weitere Verwendung von Tabak in den von ihm angebotenen Wasserpfeifen, ordnete die sofortige Vollziehung dieser Untersagung an und drohte für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro an, hilfsweise die Anordnung von Ersatzzwangshaft.

Zur Begründung verwies die Ordnungsbehörde auf eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die sich aus einem Verstoß gegen das Nichtraucherschutzgesetz ergebe. Danach sei das Rauchen von Tabak in vollständig umschlossenen Räumen von Gaststätten verboten. Gegen dieses Verbot verstoße, wer Gästen im Gastraum gegen Bezahlung Wasserpfeifen und dafür geeigneten Tabak zum Gebrauch zur Verfügung stelle.

Der Gastwirt klagte gegen die Untersagungsverfügung.

Entscheidung für Nichtraucherschutz und gegen Tabak in der Wasserpfeife

Polizei- und Ordnungsbehördengesetz

Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung ist das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz des Bundeslandes (hier §§ 11, 6 Abs. 1, 3 Abs. 1 Satz 3 Nds. SOG).

Gefahrenabwehr

Es steht im Ermessen der zuständigen Verwaltungsbehörden, eine Gefahr durch notwendige Maßnahmen gegenüber der die Gefahr verursachenden Person abzuwehren.

Die Untersagung ist auf die Abwehr einer konkreten Gefahr (hier §§ 11, 2 Nr. 1a Nds. SOG) gerichtet. Es liegt eine Sachlage vor, bei der im Einzelfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird. Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit zählt auch die geschriebene Rechtsordnung (hier das Rauchverbot nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 Nds. NiRSG).

Aktivrauchen, Passivrauchen

„Rauchen“ in diesem Sinne umfasst nach dem maßgeblichen Willen des Landesgesetzgebers, wie er im Gesetz hinreichend klar erkennbar zum Ausdruck gekommen ist, und auch nach dem allgemeinen Begriffsverständnis das freiwillige und bewusste Inhalieren (Aktivrauchen) sowie das unfreiwillige und oft unbewusste Einatmen (Passivrauchen) von aus Tabak erzeugtem Rauch.

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Tabakrauch

„Tabakrauch“ entsteht nicht nur bei der Verwendung von Tabak in Zigaretten, Zigarren und Pfeifen, sondern auch bei der Verwendung von Tabak in Wasserpfeifen (auch genannt Shisha [arabisch], Nargileh [türkisch], Kalian [iranisch] oder Hookah [indisch]).

„Tabakrauch“ bezeichnet das Aerosol, das bei einer durch hohe Temperatur veranlassten thermochemischen Spaltung organischer Verbindungen des Tabaks entsteht. Diese thermochemische Spaltung des Tabaks erfolgt nicht nur in der Glutzone von Zigaretten, Zigarren und Pfeifen bei einem Abbrand des Tabaks in Temperaturbereichen zwischen 420 bis 500 °C (Pfeife), 580 bis 660 °C (Zigarre) oder 880 bis 920 °C (Zigarette). Die thermochemische Spaltung findet vielmehr auch hinter dem Glutkegel bei deutlich niedrigeren Temperaturen statt. In dieser sogenannten Rauchbildungszone wird der Tabak regelmäßig ohne Luft- und damit Sauerstoffzufuhr im Wege der Pyrolyse thermochemisch zersetzt.

Gesundheitsgefahren durch Wasserpfeife fordern Nichtraucherschutz

Von dem so in einer Wasserpfeife erzeugten Tabakrauch gehen ähnliche Gesundheitsgefahren aus wie von dem Tabakrauch einer Zigarette, Zigarre oder Pfeife.

Das Inhalieren oder Einatmen des mit einer Wasserpfeife erzeugten Tabakrauchs in vollständig umschlossenen Räumlichkeiten von Gaststätten stellt sich danach als „Rauchen“ im Sinne des Nichtraucherschutzgesetzes (hier § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 Nds. NiRSG) dar.

Am „Rauchen“ fehlt es lediglich dann, wenn in einer Wasserpfeife gar kein Tabak verwendet wird.

Ergebnis: Klage abgewiesen

Die Klage des Gastwirts wurde abgewiesen. Die Untersagungsverfügung erging rechtmäßig. Das Rauchen mit Wasserpfeifen fällt unter die Nichtraucherschutzgesetze der Bundesländer, es sei denn, das Nichtraucherschutzgesetz erlaubt ausdrücklich das Rauchen mit der Wasserpfeife wie z.B. in Berlin.

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Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)