02.12.2022

Als Betriebsrat fahren Sie manchmal besser mit Mediation

Vertrauensvoller Umgang mit dem Arbeitgeber – da wird Ihnen als Betriebsrat oft einiges abverlangt. Bevor Sie Einigungsstelle oder Arbeitsgericht anrufen: haben Sie mal überlegt, einen Mediator einzuschalten?

Mediation

Das Übel besser über einen Mediator an der Wurzel packen

Geschäftsführung Betriebsrat. Arbeitnehmer haben es manchmal besser: streiten sie sich mit dem Arbeitgeber, können sie im Ernstfall das Unternehmen verlassen. Nicht so Sie als Betriebsrat: Sie müssen auch nach einer Auseinandersetzung mit Ihrem Arbeitgeber auskommen. Und nach dem einen Streit kommt der nächste Streit bestimmt, die Frage ist nur, wann. Eigentlich sollte es ja nichts Persönliches sein. Oft aber ist es das, das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber ist stark angespannt oder gar zerrüttet, Beschluss- und Einigungsstellenverfahren aus geringstem Anlass häufen sich. Dann bietet es sich oft an, einen neutralen Dritten einzuschalten, einen Mediator. In einem Mediationsverfahren können Sie das Übel besser an der Wurzel packen. Zudem vermeiden Sie so weitere Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber. Und das spart Zeit und Geld.

Vertraulich und strukturiert

Die Mediation ist vertraulich und strukturiert. Der Mediator als Mittler zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber versucht dabei, eine einvernehmliche Einigung zwischen Ihnen herbeizuführen. Das alles ist absolut freiwillig und eigenverantwortlich. Der Mediator ist eine oder mehrere unabhängige und neutrale Person bzw. Personen. Der Mediator kann nichts entscheiden. Aber er fördert die Kommunikation zwischen Ihnen. Er passt auf, dass beide, Sie als Betriebsrat und Ihr Arbeitgeber, angemessen und fair in die Mediation eingebunden sind. Die Mediation ist losgelöst vom Streitgegenstand. Sie ist nicht auf die Klärung konkreter Einzelfälle beschränkt, sondern sie kann eine verfahrene Situation umfassend lösen. Der Schlichtungsgegenstand wird nicht durch das Gesetz, sondern allein durch die Parteien bestimmt.

Grundprinzip der Mediation: Freiwilligkeit

Voraussetzung für ein Mediationsverfahren ist: Sie beide müssen sich freiwillig zur Mediation entschließen. Das stellt gerade im Berufsleben ein Problem dar. Wie freiwillig ist die Teilnahme, wenn die Personalabteilung eine Mediation vorschlägt? Mediation ist für die meisten Konfliktfälle gut geeignet, funktioniert allerdings nicht in Fällen mit starkem hierarchischem Unterschied. Sie müssen sich mit Ihrem Arbeitgeber auch selbst darauf einigen, wer als Mediator zwischen Ihnen beiden vermitteln soll. Es ist also anders als bei einem Einigungsstellenverfahren, wo das Gericht im Falle, dass Sie sich nicht einigen, den Vorsitzenden einer Einigungsstelle einsetzt. In der Mediation liegt demgegenüber die Verantwortung ganz bei Ihnen und Ihrem Arbeitgeber. Und das im gesamten Verfahren. Sie beide müssen die möglichen Lösungen des Konflikts selbst erarbeiten. Das kann und will Ihnen der Mediator nicht abnehmen.

Dauerhafte Verbesserung der Beziehung

Sie sollten je nach den Verhältnissen in Ihrem Betrieb entscheiden, ob für Sie ein Mediationsverfahren sinnvoll ist, um die Arbeitsbeziehung mit Ihrer Geschäftsleitung dauerhaft zu verbessern, oder ob sich die Fronten durch ein Einigungsstellen oder Beschlussverfahren besser klären lassen. Kommt es zu einer direkten Auseinandersetzung zwischen Ihrem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer oder unter Mitarbeitern, kann der Einsatz von zwei Mediatoren, also einer Co-Mediation, sinnvoll sein. Wie vor einer Einigungsstelle kann so jede Seite eine Vertrauensperson bestimmen.

Verhandeln bis ein Interessenausgleich erreicht ist

Wie kann Mediation Ihnen helfen, wo sind ihre Grenzen? In der Mediation verhandeln Sie und die gegnerische Partei, also die Arbeitgeberseite, so lange, bis Sie einen für beide Seiten fairen Interessenausgleich erarbeitet haben. Ein Streit geht anfangs immer um Positionen wie „ich will – ich will nicht“. In der Mediation geht es um die dahinter liegenden Interessen: also um die Frage „Warum ist das für Dich wichtig?“ Es geht darum, die Sichtweise des anderen zu verstehen und dann zu schauen, worin eine Lösung bestehen könnte, mit der alle gut leben können.

Der Frust muss raus – damit der andere Verständnis aufbringen kann

In der Vorlaufphase der Mediation bespricht der Mediator mit Ihnen, wer beteiligt ist und wer bei Bedarf noch hinzugezogen werden soll. Der Mediator vereinbart mit den Konfliktpartnern, ob und wie das Ergebnis später beispielsweise dem Team kommuniziert werden soll. Der Mediator versucht, verschlossene Konfliktpartner zu öffnen, damit sie sagen, was sie in ihrem tiefsten Innern wirklich wollen. Der ganze Frust, der sich über lange Zeit aufgestaut hat, muss erst einmal herauskommen. Der Mediator hofft darauf, dass einem Gegner Verständnis für den anderen leichter fällt, wenn er die Beschwernisse des anderen hört.

Der Betriebsrat als Mediator

Unter Umständen können sogar Sie als Betriebsrat selbst als Mediator zum Einsatz kommen, sofern Sie dafür ausgebildet sind. Die ureigene Aufgabe des Betriebsrats ist ja, Interessenvertreter der Arbeitnehmer zu sein. In dieser Rolle kann er selbstverständlich auch vermittelnd wirken, indem er mit den Beteiligten einzeln oder gemeinsam spricht. Denkbare Situationen könnten z. B. nicht zufriedenstellend gelöste Beschwerdeverfahren sein. Eine solche Möglichkeit könnten Sie in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung festlegen.

Wenn der Mediator Betriebsrat selbst Partei wird

Beruft man Sie als Mitglied des Betriebsrates zum Mediator, müssen Sie unbedingt darauf achten, nicht in den Konflikt hineingezogen zu werden. Zu leicht können Sie dann Partei werden. Das kann Ihnen beispielsweise schnell passieren, wenn der Konflikt aus einer hohen Arbeitsbelastung heraus entstanden ist und Sie Überstunden genehmigt haben, durch die es erst zu dieser Belastung kam. Dann finden Sie sich plötzlich, obwohl eigentlich Vermittler, in eine Verteidigungshaltung gedrängt. Von daher sollte man grundsätzlich einen neutralen Dritten zum Mediator bestimmen – schon als Schutz für Sie als Betriebsrat; denn als solcher haben sie schon genug andere Herausforderungen zu meistern.

Mediation wird immer beliebter

Immer mehr Unternehmen fragen die Dienstleistungen von Mediatoren nach. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Studie „Streitkulturindex für Unternehmen und Organisationen in Deutschland“ der Forschungsstelle für Wirtschaftsmediation der TH Köln in Kooperation mit dem Institut für Wirtschaftsmediation und Kommunikationsmanagement (IWM) und der Frankfurter Wirtschaftskanzlei aclanz Rechtsanwälte. Demzufolge haben rund ein Drittel der Unternehmen bereits einen Mediator mit der Konfliktbearbeitung beauftragt und waren mit dessen Arbeit sehr zufrieden. Für die Studie wurden Führungskräfte aus 300 Unternehmen unterschiedlicher Größe sowie aus Organisationen befragt.

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Mediation im Ranking außergerichtlicher Streitbeilegung

Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung spielen für Unternehmen bei der Konfliktbewältigung eine wichtige Rolle und finden breite Anwendung. 44 Prozent nutzen Verhandlungen, 34 Prozent der befragten Unternehmen haben bereits eine Mediation beauftragt und 28 Prozent in eine Schlichtung eingewilligt. Die Arbeit der Mediatoren bewerten 82,5 Prozent der Führungskräfte als sehr gut oder gut. Bei Moderatoren, Supervisoren und Coaches sind es 80 Prozent. Damit liegt die Zufriedenheit mit diesen Anbietern höher als bei den klassischen Streitbeilegungsprofessionen wie Rechtsanwälten (71,7 Prozent), Wirtschaftsprüfern (69,3 Prozent) oder Unternehmens- und Kommunikationsberatern (69 Prozent).

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Führungskräfte wichtigste Ansprechpartner für Mediatoren

Die wichtigsten Ansprechpartner für Mediatoren sind laut der Studie die Führungskräfte. Sie lösen zu über 70 Prozent die Konflikte in Unternehmen. In 81,4 Prozent der befragten Unternehmen kommen die an der Konfliktlösung beteiligten Personen und Institutionen nur aus einem bestimmten Anlass zusammen. Arbeits- oder Besprechungsformate, in denen das Thema Streitkultur und Umgang mit Konflikten fester und ausdrücklicher Bestandteil ist, gibt es nur in 26,1 Prozent der Unternehmen.

Mögliche Phasen eines Mediationsverfahrens

Für den Ablauf eines Mediationsverfahrens schlägt das Bundesjustizministerium folgende Phasen vor:

  1. Erläuterung des Verfahrens und der grundlegenden Regeln: Ablauf des Mediationsprozesses und Rolle der Mediatoren erläutern, Mediationseignung des Konflikts der Parteien klären, Vertrag für das Verfahren abschließen
  2. Erarbeitung der regelungsbedürftigen Fragestellungen: Themen sammeln und vorläufig bewerten, Übereinstimmungen und Meinungsverschiedenheiten herausarbeiten, die Reihenfolge für die Bearbeitung der Themen festlegen
  3. Bearbeitung des Konflikts: für die Problembearbeitung wesentliche Informationen zusammentragen, unterschiedliche Sichtweisen darlegen und Verständnis für diese entwickeln, von Positionen zu Bedürfnissen und Interessen übergehen, Grundlagen für eine Entscheidungsfindung erarbeiten
  4. Lösung des Konflikts: Entwicklung von Optionen zur Konfliktlösung, Prüfung und Erörterung möglicher Konfliktregelungen im Hinblick auf bestehende Umsetzungsmöglichkeiten, vorläufige oder Teillösungen erproben, eine Gesamtvereinbarung entwerfen
  5. Abschließende Vereinbarung: Gesamtschau vornehmen, schriftliche Fixierung der Konfliktlösung in einem Vertrag und dessen Überprüfung, verbindlicher Vertragsschluss.

 

Autor*innen: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.), Friedrich Oehlerking (Friedrich Oehlerking ist Journalist und Autor des Werkes Wirtschaftswissen für den Betriebsrat.)