28.02.2018

Einigungsstelle: 10 wichtige Fragen und Antworten

Eine Einigungsstelle ist für Betriebsräte eine Möglichkeit, festgefahrene Verhandlungen mit dem Arbeitgeber voranzubringen. Bereits beim Hinweis darauf lenken viele Arbeitgeber ein, weil sie Aufwand und Kosten scheuen.

Einigungsstelle

Was ist eine Einigungsstelle?

Es handelt sich dabei um eine gesetzlich vorgeschriebene Instanz zur Schlichtung von Interessenkonflikten zwischen den Betriebsparteien. Die Einigungsstelle kann vom Arbeitgeber oder vom Betriebsrat angerufen werden und besteht aus (parteiischen) betrieblichen oder externen Beisitzern sowie dem unparteiischen Vorsitzenden. Dieser ist in der Regel ein Arbeitsrichter. Örtlich findet die Einigungsstelle meist beim Arbeitgeber statt.

 

Das Verfahren der Einigungsstelle

 

Wann ist die Einigungsstelle zuständig?

Zuständig ist die Einigungsstelle immer dann, wenn es um sogenannte „Regelungsstreitigkeiten“ geht, die Gegenstand zwingender Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sind. Der Arbeitgeber kann nach § 98 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) versuchen, die Einsetzung der Einigungsstelle wegen Nicht-Zuständigkeit gerichtlich zu verhindern. Der Vorsitzende der Einigungsstelle prüft seine Zuständigkeit selbst. Das Ergebnis dieser Prüfung kann Grund einer späteren Anfechtung sein.

Wer trägt die Kosten der Einigungsstelle?

Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber. Das können zum Teil erhebliche Summen sein, da sich der Tagessatz eines Arbeitsrichters auf zirka 2.000 Euro beläuft und externe Beisitzer ebenfalls hohe Tagessätze verlangen. Auch die Freistellung der Betriebsratsmitglieder, die ja in unbegrenzter Zahl teilnehmen müssen, fällt ins Gewicht. Der Arbeitgeber hat also häufig kein Interesse daran, dass die Einigungsstelle angerufen wird. Und so kann bei schwierigen Verhandlungen mit dem Arbeitgeber oft schon ein Hinweis auf die Einigungsstelle die Wende bringen.

Wer leitet die Einigungsstelle?

Betriebsrat und Arbeitgeber einigen sich ebenso auf den Vorsitzenden der Einigungsstelle wie auf die Beisitzer. Kann darüber keine Einigkeit erzielt werden, kommt das Bestellungsverfahren (§ 98 ArbGG) zum Zuge. Damit kann die Einigungsstelle nach spätestens vier Wochen ihre Arbeit aufnehmen. Wenn zu vermuten ist, dass der Arbeitgeber ebenfalls die Einigungsstelle anrufen wird, ist es sinnvoll, ihm zuvorzukommen. Denn als Antragsteller können Sie Ihren Wunschvorsitzenden benennen, der meist auch eingesetzt wird, sofern von der Arbeitgeberseite keine Bedenken kommen.

Welche Personen können Beisitzer sein, was ist ihre Rolle?

In der Regel setzen Betriebsrat und Arbeitgeber je zwei Beisitzer fest. Diese unterstützen den Leiter mit ihrem Sachverstand. Beispielsweise können das Experten aus dem juristischen und betriebswirtschaftlichen Bereich sein. Als Betriebsrat müssen Sie nicht ausschließlich interne Beisitzer wählen, Sie können auch externe benennen. Dabei spielt es keine Rolle, ob und wie diese zu vergüten sind – der Maßstab der Erforderlichkeit wird in der Regel hier nicht angewendet.

Was tun bei Terminschwierigkeiten?

Beisitzer können ausgetauscht werden, was insbesondere dann hilfreich ist, wenn viele Termine notwendig sind. Beide Parteien sollten deshalb frühzeitig Ersatzmitglieder benennen. Beisitzer können ohne Zustimmung der jeweiligen Gegenseite ausgetauscht werden. Der Betriebsrat kann sich auch grundsätzlich von einem „Verfahrensbevollmächtigen“, in der Regel einem Rechtsanwalt, vertreten lassen.

Wer darf an den Sitzungen teilnehmen?

An den Sitzungen dürfen nicht nur der Vorsitzende und die Beisitzer, sondern auch die sogenannte „Parteiöffentlichkeit“ teilnehmen. Dazu gehören natürlich alle Betriebsratsmitglieder, ohne dass dazu ein eigener Beschluss des Betriebsrates nötig ist. Allerdings muss die Teilnahme „erforderlich“ sein, die Informationen aus den Sitzungen müssen für die spätere Betriebsratsarbeit genutzt werden können. In der Regel ist die Erforderlichkeit vor allem dann gegeben, wenn keiner der Beisitzer ein Betriebsratsmitglied ist.

Wie verläuft eine Einigung?

Der Arbeitsrichter versucht, durch Verhandlungen eine Einigung der Betriebsparteien herzustellen. Bleiben die Bemühungen erfolglos, fasst die Einigungsstelle mit der maßgeblichen Stimme des Richters einen „Spruch“. Dieser ersetzt die Einigung.

Wie verbindlich ist eine Vereinbarung?

Kommt es tatsächlich zu einer Einigung, stellt sich das Problem, dass dafür vorher ein Beschluss des Betriebsrats notwendig wäre. Dieser ließe sich theoretisch herstellen, wenn alle Betriebsratsmitglieder bei der entscheidenden Schlussberatung anwesend wären. Dies ist in der Praxis aber nur schwierig zu bewerkstelligen. Unterschreiben die Beisitzer eine Einigung in Form einer Betriebsvereinbarung, ist diese schwebend unwirksam, bis der Betriebsrat sie mit einem Beschluss billigt.

Ist der Spruch der Einigungsstelle endgültig?

Nein, er kann vor dem Arbeitsgericht angefochten werden. Dies muss innerhalb von zwei Wochen nach dem erfolgten Spruch der Einigungsstelle geschehen (§ 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG). Das Arbeitsgericht überprüft dabei allerdings nur, ob so genannte „Ermessensfehler“ passiert sind.

Autor*innen: Martin Buttenmüller (ist Journalist und Chefredakteur des Fachmagazins Betriebsrat INTERN.), Marc Hessling (Herausgeber der Fachinformation Kommentierte Betriebsvereinbarungen – Ihr Rüstzeug als Betriebsrat), Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)