17.05.2023

Beschäftigungspflicht von schwerbehinderten Menschen noch ausbaufähig

Für Menschen mit einer Behinderung ist die berufliche Tätigkeit von doppelter Bedeutung: Zu der Finanzierung des Lebensunterhalts kommt die gesellschaftliche Integration im Berufsleben. Aber noch nicht alle Unternehmen kommen in Deutschland ihrer Pflicht nach, Menschen mit einer Behinderung anzustellen. 2021 gingen über 1 Million, konkret 1.111.271 Menschen mit einer Schwerbehinderung, in Betrieben mit mindestens 20 Arbeitsplätzen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. 80 Prozent sind im Alter von 45 oder älter. Die meisten von ihnen arbeiten im Verarbeitenden Gewerbe, in der öffentlichen Verwaltung oder im Handel, wie die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht.

Beschäftigungspflicht

Quote hat sich leicht verbessert

In einer neuen veröffentlichten Auswertung kommen aber nur 39 Prozent der beschäftigungspflichtigen Arbeitgeber ihrer gesetzlichen Pflicht zur Anstellung schwerbehinderter Menschen nach. Im Untersuchungsjahr 2021 haben 35,1 Prozent ihre Beschäftigungspflicht zumindest teilweise erfüllt, damit hat sich die Quote innerhalb von 5 Jahren um 0,6 Prozent verbessert. 2016 waren es 34,5 Prozent. Teilweise erfüllt heißt, dass die Arbeitgebenden nur einen Teil der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt haben.

Ein Viertel der Unternehmen erfüllen ihre Pflicht nicht

Erschreckend ist, dass über ein Viertel der Unternehmen die Beschäftigungspflicht überhaupt nicht erfüllt haben, konkret 25,9 Prozent der beschäftigungspflichtigen Betriebe. In 2016 lag die Zahl etwas niedriger bei 25,5 Prozent. In diesen Unternehmen sind keinerlei Schwerbehinderte beschäftigt und auch keiner ihrer gesetzlich definierten Pflichtarbeitsplätze ist besetzt worden.
Neu ist nun die Erfüllungsquote, die anstatt der Ist-Quote getreten ist. Die bisherige „Ist-Quote“ zeigte, wie hoch der Anteil der mit schwerbehinderten Menschen besetzten Arbeitsplätzen ist, gemessen an allen Arbeitsplätzen. Die „Erfüllungsquote“ gibt darüber Auskunft, wieviel Arbeitgebende ihre Beschäftigungspflicht vollständig erfüllt haben, wiederum gemessen an allen beschäftigungspflichtigen Arbeitgebern.

Gesetzliche Verpflichtung

Das Gesetz (§ 154 SGB IX) sieht vor, dass Arbeitgeber mit 20 und mehr Arbeitsplätzen verpflichtet sind, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Das Gesetz definiert zudem eine gestaffelte Erhöhung: Arbeitgeber ab 20 bis 39 Arbeitsplätzen müssen einen schwerbehinderten Menschen, Arbeitgeber ab 40 bis 59 Arbeitsplätzen zwei schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Arbeitgeber mit 60 und mehr Arbeitsplätzen sind verpflichtet, mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Unternehmen, die die vorgegebene Quote nicht erfüllen, müssen eine Ausgleichsabgabe zahlen (§ 160 SGB IX). Arbeitgebende im öffentlich-rechtlichen Sektor haben zusätzlich besondere Meldepflichten und eine Einladungspflicht für schwerbehinderte Bewerbende zu erfüllen (§ 165 SGB IX).
Bei Unsicherheiten gibt es fachliche Unterstützung beispielsweise von Arbeitsagenturen. Jede örtliche Arbeitsagentur verfügt über Reha-Spezialisten. Es gibt ein breites Angebot an Förderinstrumenten, das von Qualifizierung und Gehaltszuschüssen für Unternehmen bis hin zur Unterstützung bei der technischen Ausstattung reicht.

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)