24.01.2022

Aktuelle Schwellenwerte 2022

Ab Januar 2022 sind von der EU-Kommission die aktuellen Schwellenwerte für die Anwendung des Vergaberechts veröffentlicht worden. Diese Werte werden alle zwei Jahre angepasst und hängen mit den ständigen Kursveränderungen des Euro zusammen. Was sollten Sie über die neuen EU-Stellenwerten wissen?

Schwellenwerte

Schwellenwerte im öffentlichen Vergaberecht

Im öffentlichen Vergaberecht spielen Schwellenwerte eine wichtige Rolle. Unter Schwellenwerten versteht man gesetzlich festgelegte Grenzwerte (Nettowerte ohne Umsatzsteuer) für Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge. Die EU-Schwellenwerte sind das wichtigste Abgrenzungsmerkmal, das bestimmt, welche Vorschriften und Regeln bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beachten sind.

Die Festlegung der Schwellenwerte erfolgt durch die EU-Kommission, welche die Schwellenwerte alle zwei Jahre einer Revision unterzieht.

Vergaben im Oberschwellenbereich

Das EU-Vergaberecht gilt nur für solche öffentlichen Aufträge und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzte Auftrags- oder Vertragswerte ohne Umsatzsteuer die von der EU-Kommission festgelegten Schwellenwerte erreichten oder überschreiten.

Aufträge oberhalb der Schwellenwerte müssen europaweit ausgeschrieben und im Wettbewerb vergeben werden. Dies ergibt sich aus § 106 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen), welcher wiederum auf die einschlägigen EU-Vergaberichtlinien verweist (sog. dynamische Verweisung).

Vergaben im Unterschwellenbereich

Im Unterschwellenbereich wird dagegen das Haushaltsrecht angewendet, und die Aufträge unterhalb der Schwellenwerte werden national ausgeschrieben. Diese Vergaben werden in der UVgO (Unterschwellenvergabeordnung) geregelt.

Die EU ist aufgrund entsprechender Vorschriften in den Vergaberichtlinien (z.B. Art. 6 Abs. 5 bis 7 i.V.m. Art 87 RL 2014/24/EU) zur Festlegung der Schwellenwerte in Form von delegierten Verordnungen befugt. Die Festsetzung erfolgt in der Regel für einen Zeitraum von zwei Jahren. Sobald die neuen Schwellenwerte von der EU im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden sind, werden sie von dem gemäß § 106 Abs. 3 GWB zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Bundesanzeiger bekannt gemacht.

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Neue EU-Schwellenwerte ab 2022: Zahlen

Nachdem die Schwellenwerte zum letzten Mal mit Wirkung zum 01.01.2020 geändert wurden, gelten nun ab dem 01.01.2022 für einen Zeitraum von zwei Jahren die folgenden neuen Schwellenwerte:

  • für Bauaufträge: 5.382.000 € statt bisher 5.350.000 €
  • für Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 215.000 € statt bisher 214.000 €
  • für Bauaufträge im Sektorenbereich sowie im Bereich Verteidigung und Sicherheit: 5.382.000 € statt bisher 5.350.000 €
  • für Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Sektorenbereich bzw. im Bereich Verteidigung und Sicherheit: 431.000 € statt bisher 428.000 €
  • für die Vergabe von Konzessionen: 5.382.000 € statt bisher 5.350.000 €
  • für Liefer- und Dienstleistungsaufträge der oberen / obersten Bundesbehörden: 140.000 € statt bisher 139.000 €

In folgender Tabelle werden die oben genannten EU-Schwellenwerte nochmals für den bequemeren Vergleich aufgeführt:

Schwellenwerte Vergleich

Diese neuen Schwellenwerte gelten für alle Ausschreibungen, die nach dem 01.01.2022 begonnen werden/wurden. Eine Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber ist nicht erforderlich, da die EU-Vorschriften durch Verweisung in der Vergabeverordnung sowie im GWB unmittelbar gelten.

Was soll bei der Festlegung von Schwellenwerten berücksichtigt werden?

Ob die EU-Schwellenwerte durch den Wert des jeweils zu vergebenden Auftrages erreicht oder überschritten werden, ist vom öffentlichen Auftraggeber gewissenhaft zu schätzen. Maßgeblich hierfür sind die Vorgaben in § 3 der Vergabeverordnung (VgV). Danach ist bei der Schätzung des Auftragswertes vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistungen ohne Umsatzsteuer auszugehen (Abs. 1)

Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswertes darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung des europäischen Vergaberechtes zu umgehen. Insbesondere darf eine Auftragsvergabe bei Ausschreibungen nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich des GWB bzw. der Vergabeverordnung fällt (Abs. 2).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswertes ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird (Abs. 3).

Ein Bauauftrag mit mehreren Losen

Kann da beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Der öffentliche Auftraggeber kann davon abweichen, wenn der geschätzte Nettowert des betreffenden Loses bei Liefer- und Dienstleistungen unter 80.000 Euro und bei Bauleistungen unter 1 Million Euro liegt und die Summe der Nettowerte dieser Lose 20 Prozent des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt (Abs. 7 und 9).

Autor*in: Ulrich Dieckert