18.03.2021

Künstliche optische Strahlung

Künstliche inkohärente optische Strahlung wird von unterschiedlichsten Strahlungsquellen erzeugt – von Glühlampen, Leuchtstofflampen und LEDs bis hin zu Gasstrahlern, Metall- und Glasschmelzen sowie Schweißlichtbögen. Für den Arbeitsschutz ist nicht jede Strahlungsquelle relevant, es kommt, wie so häufig, auf die „Dosis“ an.

LED-Lampe

Wenn Sie beispielsweise in einem Büro mit künstlicher Beleuchtung an einem PC mit Monitor arbeiten, können Sie sicher sein, dass Sie durch künstliche inkohärente optische Strahlung nicht gefährdet werden. Anders sieht es bei Arbeitsverfahren wie Schmelzen und Schweißen sowie an Infrarot-Trocknungsanlagen oder Beleuchtungs- und Beschichtungsanlagen im Druckgewerbe aus. Bei unsachgemäßem Umgang können Haut und Augen schwer geschädigt werden. Welche technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen Sie ergreifen müssen, regelt grundlegend die „Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung – OStrV“.

Begriffsbestimmungen

Der Begriff „optische Strahlung“ wird in der OStrV definiert. Demnach bezeichnet man als optische Strahlung jede elektromagnetische Strahlung im Wellenlängenbereich von 100 nm bis 1 mm. Das Spektrum der optischen Strahlung reicht von der energiereichen ultravioletten Strahlung (UV) im Wellenlängenbereich von 100 bis 400 nm, die ihrerseits in UV-A-, UV-B- und UV-C-Strahlung unterteilt wird, der sichtbaren Strahlung im Wellenlängenbereich von 380 bis 780 nm bis zur Infrarotstrahlung (IR) im Wellenlängenbereich von 780 nm bis 1 mm. Letztere wird je nach Wellenlängenbereich in IR-A-, IR-B- und IR-C-Strahlung unterteilt (siehe Abbildung).

Künstliche optische Strahlung ist jede optische Strahlung, die von menschengemachten Strahlungsquellen ausgeht. Dazu gehören z.B. Lampen zur Beleuchtung, Scheinwerfer, Lampen und LEDs für Anzeigen, Elektro- und Gasschweißgeräte, Öfen zur Erwärmung, Öfen zum Schmelzen von Metall und von Glas, Lampen zur Entkeimung sowie zur Lack- und Kunststofftrocknung, Blitzlampen zur Ausleuchtung sowie Blitzlampen zur kosmetischen und medizinischen Behandlung.

Als künstliche inkohärente optische Strahlung bezeichnet man optische Strahlung aus künstlichen Strahlungsquellen, die im Unterschied zur kohärenten Laserstrahlung ohne feste Phasenbeziehung der elektromagnetischen Wellen ist.

Inkohärente künstliche optische Strahlung ist somit jede künstliche optische Strahlung außer Laserstrahlung.

Welche Rechtsgrundlagen müssen Sie beachten?

Den gesetzlichen Rahmen für den Schutz von Beschäftigten vor Gefährdungen durch künstliche inkohärente optische Strahlung bildet die Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OStrV). Mit der OStrV wurde die EU-Richtlinie 2006/25/EG zu künstlicher optischer Strahlung in nationales Recht umgesetzt. Unterhalb der Verordnungsebene sind Technische Regeln (TROS IOS) erlassen worden. Die TROS IOS konkretisieren die Vorgaben der OStrV zum Umgang mit künstlicher inkohärenter optischer Strahlung hinsichtlich der Ermittlung und Bewertung der Gefährdungen, der Messungen und Berechnungen von Expositionen gegenüber inkohärenter optischer Strahlung sowie der Ableitung von geeigneten Schutzmaßnahmen. Des Weiteren werden durch die TROS IOS im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Anforderungen der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) umgesetzt.

Für Laserstrahlung sind auf der Grundlage der OStrV eigene technische Regeln, die TROS Laserstrahlung, erlassen worden. Der sichere Umgang mit Laserstrahlung wird in einem gesonderten Fachbeitrag behandelt.

Wichtig: Anders als Gesetze und Verordnungen sind technische Regeln nicht rechtsverbindlich. Sie entfalten jedoch die sogenannte Vermutungswirkung. Bei Einhaltung der TROS IOS können Sie davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der OStrV erfüllt sind. Auch die zuständige Aufsichtsbehörde legt die TROS IOS bei der Beurteilung der getroffenen Maßnahmen als Maßstab zugrunde. Wählen Sie eine abweichende Lösung, müssen Sie damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen und dies nachvollziehbar in der Gefährdungsbeurteilung dokumentieren.

Abgrenzung zu anderen Rechtsvorschriften

Die OStrV trifft ausschließlich Regelungen zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch künstliche optische Strahlung. Maßnahmen gegen Gefährdungen durch optische Strahlung aus natürlichen Quellen – z.B. durch Sonnenstrahlung bei Arbeiten im Freien – sind dagegen in der Arbeitsstättenverordnung geregelt.

Die optische Strahlung stellt nur einen Teilbereich des elektromagnetischen Spektrums dar. An den Spektralbereich der UV-Strahlung schließen sich die höherenergetische Röntgenstrahlung und die Gammastrahlung an. Die entsprechenden Arbeitsschutzregelungen sind im Strahlenschutzgesetz und der Strahlenschutzverordnung zu finden. Im niederenergetischen Teil des Spektrums finden sich hoch- und niederfrequente Felder wie Mikrowellen und Radiowellen. Für diesen Bereich gilt die „Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch elektromagnetische Felder – EMFV“.

Gefährdungen für Augen und Haut

Die Wirkung inkohärenter optischer Strahlung ist im Wesentlichen auf die Augen und die Haut begrenzt. Die inneren Organe werden aufgrund der begrenzten Eindringtiefe optischer Strahlung nicht gefährdet. Man unterscheidet zwischen akuten und chronischen Schädigungen. Art und Schwere der Schädigung werden durch die Wellenlänge der Strahlung und durch andere Faktoren wie Bestrahlungsstärke, Strahldichte, Bestrahlungsdauer sowie die bestrahlte Fläche und die optischen Eigenschaften des Gewebes bestimmt. Durch Chemikalien, Kosmetika oder Medikamente kann Gewebe sensibilisiert werden. Als Folge können durch optische Strahlung heftige fototoxische oder fotoallergische Reaktionen ausgelöst werden.

Wirkung von optischer Strahlung auf das Auge

Durch die Einwirkung von energiereichen UV-B- und UV-C-Strahlen auf die Augen kann es akut zu einer Hornhaut- oder Bindehautentzündung kommen. Letztere entsteht beispielsweise beim Schweißen ohne geeigneten Augenschutz und ist auch als „Verblitzen der Augen“ oder „Schweißerblende“ bekannt. Die Symptome klingen in der Regel nach einigen Tagen wieder ab. UV-A-Strahlen können nach langjähriger Einwirkung eine Trübung der Augenlinse hervorrufen, die auch als „grauer Star“ oder Katarakt bezeichnet wird. Die Schäden an der Augenlinse sind irreversibel.

Sichtbare Strahlung kann zu einer fotochemischen – „Blaulichtgefährdung“ oder „Blue Light Hazard“ durch Strahlung im sichtbaren Spektralbereich zwischen 400 und 500  nm – oder fotothermischen Schädigung der Netzhaut führen. Im Bereich der IR-Strahlung dominieren thermische Effekte. IR-Strahlung kann im Auge eine Erhitzung des Gewebes bewirken und in der Folge zu einer Trübung der Augenlinse und/oder Schädigungen von Netzhaut und Hornhaut führen.

Blaulichtgefährdung durch LEDs: Im Zuge der Umrüstung von Beleuchtungsanlagen von herkömmlichen Lichtquellen auf LEDs stellt sich die Frage, ob Beleuchtungsanlagen mit LEDs aufgrund ihres Blaulichtanteils schädlich für das Auge sein können. Nach derzeitigem Wissensstand muss bei bestimmungsgemäßer Verwendung von LEDs in Anlagen zur Beleuchtung von Arbeitsplätzen keine Gefährdung befürchtet werden. Typische LED-Produkte für den Einsatz in der Allgemeinbeleuchtung gelten wie die klassische Glühlampe, Halogenlampe oder Leuchtstoffröhre als unbedenklich.

Aufgrund der geringen Leuchtdichte bringen diffuse Lichtquellen einschließlich LEDs im Allgemeinen nicht die Energie auf, die notwendig wäre, um eine Blaulichtgefährdung hervorzurufen. Achten Sie bei der Auswahl von Leuchten jedoch grundsätzlich darauf, dass deren Blendungswirkung z.B. mittels Prismenabdeckung reduziert ist und alle Lichtquellen – insbesondere Hochleistungs-LEDs – so eingesetzt werden, dass ein direkter Blick aus kurzer Distanz vermieden wird.

Wirkung von optischer Strahlung auf die Haut

Bei Einwirkung von UV-Strahlung auf die Haut sind auch bei geringer Strahlendosis Schädigungen der Erbsubstanz in den Hautzellen zu befürchten. Dies gilt lange bevor ein Sonnenbrand entsteht. Insbesondere bei häufiger, lang andauernder und intensiver UV-Bestrahlung können die verursachten Schäden nicht mehr vollständig vom Körper repariert werden, was zu bleibenden Erbgutveränderungen führen kann. Damit steigt das Risiko für Hautkrebs. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (International Agency for Research on Cancer – IARC) hat daher im Jahr 2009 natürliche und künstliche UV-Strahlung in die höchste Risikogruppe 1 als „krebserregend für den Menschen“ eingestuft.

Ein weiterer möglicher langfristiger Schaden durch UV-Strahlung ist neben beschleunigter Hautalterung eine Trübung der Augenlinse. Akute Wirkungen der UV-Strahlung können im Zusammenspiel von bestimmten Substanzen im Körper oder an der Hautoberfläche (z.B. Kosmetika oder Medikamenten) fototoxische oder fotoallergische Hautreaktionen sein. Sichtbare optische Strahlung kann bei entsprechendem Ausmaß zu einer gefährdenden Hauterwärmung führen und ebenfalls fotosensitive Reaktionen hervorrufen. Bei Einwirkung von IR-Strahlung mit hoher Bestrahlungsstärke auf die Haut kann es zu thermischen Schäden (Verbrennungen) der Haut kommen.

Autor*in: Dr. Thomas Ledwig