25.04.2022

Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV)

Fragebogen Checkliste

Die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) wurde am 10.12.2001 zur Umsetzung des Europäischen Abfallverzeichnisses in nationales Recht erlassen und mit Wirkung vom 11.03.2016 grundlegend novelliert. Sie regelt die Bezeichnung von Abfällen sowie die Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit. Die Abfallverzeichnis-Verordnung besteht aus drei Paragrafen (§ 1 Anwendungsbereich, § 2 Abfallbezeichnung und § 3 Gefährlichkeit von Abfällen) sowie einem Anhang.

Abfallbezeichnung und Gefährlichkeitseinstufung

Die Abfallverzeichnis-Verordnung ist in drei Paragrafen gegliedert:

  • § 1 Anwendungsbereich Bezeichnung von Abfall und Einstufung nach seiner Gefährlichkeit
  • § 2 Abfallbezeichnung Zuweisung eines Abfalls nach Abfallart (sechsstelliger Abfallschlüssel)
  • § 3 Gefährlichkeit von Abfällen Benennung, Beschreibung und Einstufung der Gefährlichkeit von Abfällen

Bezeichnung der Abfälle

Für die Bezeichnung von Abfällen werden die in der Anlage zur Verordnung (Abfallverzeichnis) aufgeführten sechsstelligen Abfallschlüssel und zugehörigen Abfallbezeichnungen verwendet. Das Abfallverzeichnis gliedert sich in Kapitel (Kapitelüberschrift mit zweistelligen Kapitelschlüsseln) und Gruppen (vierstelliger Gruppenschlüssel). Die im Abfallverzeichnis mit Sternchen (*) versehenen Abfallschlüssel kennzeichnen gefährliche Abfallarten. Das nach stofflicher Zusammensetzung und Branchenherkunft unterteilte Abfallverzeichnis umfasst 842 Abfallarten, von denen 408 als gefährlich eingestuft werden.

Einstufung von gefährlichen Abfällen

§ 3 Abfallverzeichnis-Verordnung legt in Absatz 1 fest, dass die im Abfallverzeichnis mit einem Sternchen (*) gekennzeichneten Abfälle als gefährlich einzustufen sind. Nach Absatz 2 wird insoweit angenommen, dass diese Abfälle tatsächlich gefährliche Eigenschaften aufweisen. Schließlich regelt Absatz 3, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall eine abweichende Einstufung möglich ist.

Spiegeleinträge

Problematisch ist dabei, dass von den insgesamt 408 mit einem Sternchen versehenen Abfallarten nur 228 aufgrund von Erfahrungswerten, die insbesondere durch die Herkunft der Abfälle geprägt sind, eindeutig als gefährlich eingestuft sind.

Beispielsweise sind im Kapitel 13 („Ölabfälle und Abfälle aus flüssigen Brennstoffen”) des Anhangs zur Abfallverzeichnis-Verordnung alle 34 Abfallarten als gefährlich eingestuft.

Bei solchen Abfallarten bedarf es grundsätzlich keiner Prüfung im Einzelfall, ob der jeweilige Abfall eines oder mehrere der in Absatz 2 genannten Gefährlichkeitsmerkmale aufweist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Abfallbesitzer gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 AVV die Ungefährlichkeit geltend macht.

Neben diesen eindeutig als gefährlich und den eindeutig als nicht gefährlich gekennzeichneten Abfallarten enthält die AVV aber 180 sogenannte Spiegeleinträge, bei denen die Einstufung offen bleibt. In der Regel gibt es hier jeweils eine Abfallart mit einem Sternchen (*) und eine Abfallart ohne Sternchen. Beispiel: 17 05 03* („Boden und Steine, die gefährliche Stoffe enthalten”) und 17 05 04 („Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 05 03 fallen”).

Spiegeleintrag ist daher die Bezeichnung für paarweise in dem Abfallverzeichnis aufgeführte Abfallarten, deren Bezeichnungen sich nur durch den speziellen oder allgemeinen Hinweis auf im Abfall enthaltene gefährliche Stoffe oder Bestand- bzw. Bauteile oder auf gefährliche Eigenschaften unterscheiden.

Gefährliche Stoffe

Als „gefährlicher Stoff” gilt dabei nach Nummer 1.1 der Einleitung der Anlage zu § 2 Abs. 1 AVV jeder Stoff, der gemäß dem Chemikalienrecht als gefährlich eingestuft wurde oder künftig so eingestuft wird. Soweit bei den Spiegeleinträgen auf Schwermetallgehalte abgestellt wird, gelten als „Schwermetall” einerseits jede Verbindung von Antimon, Arsen, Cadmium, Chrom (VI), Kupfer, Blei, Quecksilber, Nickel, Selen, Tellur, Thallium und Zinn sowie andererseits diese Stoffe in metallischer Form, wenn sie denn chemikalienrechtlich als gefährliche Stoffe eingestuft sind. Metalllegierungen fallen grundsätzlich nicht darunter, es sei denn, sie sind durch gefährliche Stoffe verunreinigt.

Verantwortungsbereich des Abfallerzeugers oder -besitzers

Die Zuordnung eines konkreten Abfalls zu den Abfallarten des Abfallverzeichnisses liegt – auch und ganz besonders bei Spiegeleinträgen – zunächst im Verantwortungsbereich des Abfallerzeugers oder -besitzers.

Er haftet für die Folgen einer möglichen Falschdeklaration: Die vorsätzliche oder fahrlässige Einstufung eines gefährlichen Abfalls als nicht gefährlich kann z.B. Bußgeld- oder Strafverfahren nach sich ziehen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn infolge der falschen Zuordnung die für gefährliche Abfälle gemäß NachwV erforderlichen Entsorgungsnachweise und Begleitscheine nicht oder nicht ordnungsgemäß geführt werden oder wenn gefährliche Abfälle aufgrund der Falschdeklaration außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage oder unter wesentlicher Abweichung von einem vorgeschriebenen oder zugelassenen Verfahren entsorgt werden (§ 326 Strafgesetzbuch – StGB).

Die vom Abfallerzeuger- oder -besitzer vorgenommene Zuordnung unterliegt zudem der allgemeinen Überwachung durch die zuständige Behörde. Sofern sich im Rahmen der Überwachung Anhaltspunkte für eine falsche Zuordnung ergeben, hat sie die erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen. In diesem Fall obliegt es grundsätzlich dem Abfallerzeuger oder -besitzer, die behördlichen Ansatzpunkte mit geeigneten Argumenten zu entkräften. Vor diesem Hintergrund sollte der Abfallerzeuger/-besitzer seine Abfälle sicherheitshalber als gefährlich einstufen, wenn er das Vorliegen gefahrenrelevanter Eigenschaften nicht sicher ausschließen kann.

Autor*in: WEKA Redaktion

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