21.02.2008

Reinigungspflichten darf man nicht pauschal auf Anlieger abwälzen

Eine Gemeinde wollte die Reinigungs-, Räum- und Streupflicht an einem kombinierten Geh- und Radweg auf die Anlieger übertragen. Dem schoben die Münchner Richter einen Riegel vor: Entscheidend ist, ob die Reinigung den Anliegern zugemutet werden kann (VGH München, Urteil vom 04.04.2007, Az. 8 B 05.3195).

Reinigungspflichten Anlieger

Aufforderung kombinierten Geh- und Radweg zu reinigen

E. ist Eigentümer mehrerer mit einem landwirtschaftlichen Anwesen bebauter Grundstücke in der Gemeinde G. Diese Grundstücke grenzen unmittelbar an den kombinierten Geh- und Radweg entlang der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße B 10. Sie liegen innerhalb der geschlossenen Ortslage.

Der Geh- und Radweg ist durch Zeichen 240 der Straßenverkehrsordnung (StVO) als gemeinsamer Geh- und Radweg gekennzeichnet.

Mit Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung wies die Gemeinde die Straßenanlieger – darunter auch E. – unter dem Betreff „Straßenreinigung und Winterdienst, Verkehrssicherungspflicht der Anlieger“ auf ihre Reinigungs-, Räum- und Streupflicht bezüglich des kombinierten Geh- und Radwegs hin. E. widersprach der Auffassung der Gemeinde und verlangte die Feststellung, dass er nicht zur Reinhaltung, Reinigung und Sicherung im Winter verpflichtet sei. Die Gemeinde lehnte den Antrag auf Befreiung ab. E. erhob Klage mit dem Antrag, festzustellen, dass er nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straßen und die Sicherung der Gehbahnen im Winter falle.

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Das Urteil

Der VGH München musste prüfen, ob die Gemeinde berechtigt war, die Reinigungs-, Räum- und Streupflicht für den kombinierten Geh- und Radweg auf Anlieger zu übertragen.

Das Ergebnis aus der Urteilsbegründung kurz zusammengefasst

  1. Die Abwälzung der Reinigungs-, Räum- und Streupflichten auf die Anlieger steht unter dem strikten Vorbehalt der Zumutbarkeit in persönlicher und sachlicher Hinsicht. Besteht eine gemeindliche Straßenreinigungseinrichtung, an die der Anschluss- und Benutzungszwang verfügt wird, sind an die Zumutbarkeit geringere Anforderungen zu stellen.
  2. Für unselbstständige kombinierte Geh- und Radwege (Zeichen 240 StVO) wie im vorliegenden Fall besteht nach bayerischem Straßen- und Wegerecht keine winterliche Räum- und Streupflicht der Anlieger. Pflichtig ist insoweit die Gemeinde.
  3. Bei der nicht winterlichen Reinigungspflicht ist in der Regel die Abwälzung folgender Pflichten auf Anlieger unzumutbar oder sonst unzulässig:
    • Reinigung von Teilen einer verkehrsmäßig hoch belasteten Fahrbahn
    • Durchführung einer wöchentlichen Reinigung anstatt einer Reinigung nach Bedarf
    • Entfernung von Kehricht, Schlamm oder Unrat, soweit diese Gegenstände nicht in üblichen Hausmülltonnen für Biomüll, Papier und Restmüll oder in Wertstoffcontainern entsorgt werden können
    • Beseitigung von Hundekot
    • Entfernung von flächenhaft in den Straßenkörper hereinwucherndem Gras oder Unkraut

Das bedeutet für E.

  • Der winterlichen Räum- und Streupflicht auf dem kombinierten Geh- und Radweg muss er nicht nachkommen.
  • Er ist für den kombinierten Geh- und Radweg nicht reinhaltungs- und reinigungspflichtig, soweit
    • sich diese auf einen Randstreifen der Fahrbahn der Bundesstraße erstreckt,
    • sie eine wöchentlich jeden Samstag vorzunehmende Reinigung vorschreibt und
    • bestimmter Unrat (Sondermüll, Hundekot) sowie flächenhaft in den Geh- und Radweg hereinwachsendes Gras und Unkraut nicht von der Reinigungspflicht ausgenommen wurden.

Das Urteil finden Sie hier.

Autor*in: WEKA Redaktion